China erobert den afrikanischen Handelsmarkt
15. Dezember 2005Mehr als neun Prozent Wachstum jährlich - China gilt als aufstrebender Handelsgigant, wird gleichermaßen bewundert und gefürchtet. Auch in afrikanischen Ländern fassen Produkte aus dem Reich der Mitte immer stärker Fuß - häufig zu Lasten der wenigen heimischen Industrien.
Auch im wirtschaftlich besser gestellten Südafrika sind die Erfahrungen mit Chinas Handelspotenz zwiespältig. "Die Leute kaufen immer mehr Waren aus China. Die Nachfrage nach Kleider- und Textil-Importen zum Beispiel war so hoch, dass dieser Sektor bei uns bis zu 2000 Jobs im Monat verliert", sagt Tanja van Meelis von der Vereinigung der Südafrikanischen Gewerkschaften bei einer WTO-Veranstaltung der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung.
Ungleiche Handelsbilanz zwischen China und Afrika
Tanja van Meelis sieht kaum Chancen, niedergegangene Industrien wieder zu beleben. Die Importe aus China steigen schneller als die südafrikanischen Exporte in das asiatische Reich. Nach Ansicht der Gewerkschafterin braucht Südafrika eine Handelsvereinbarung mit China - allerdings eine, die nicht ausnahmslos den Abbau aller Zölle vorsieht, sondern nach wie vor bestimmte südafrikanische Produkte schützt.
Geschäfte mit China betreibt seit längerer Zeit auch das westafrikanische Ghana. Das Land setzt auf den Export von Kakaobohnen - will die aber nicht nur als Rohstoff, sondern auch in verarbeiteter Form liefern. Ein langer Kampf, wie Dan Abodakpi von der Parlamentskommission für Handel in Ghana berichtet: "Nach achtjährigen Verhandlungen mit der kommunistischen Partei Chinas sind wir übereingekommen, Joint Ventures mit Sitz in Ghana zu bilden, um Kakaobohnen zu verarbeiten. Das war ein wichtiger Schritt."
Afrika muss die Industrialisierung vorantreiben
Nur durch die Weiterverarbeitung von Produkten wie Kakao, Holz oder Aluminium könne sich Ghana aus der alten Situation als bloßer Rohstofflieferant befreien, so der Politiker aus Accra. Anders als einst mit den alten Kolonialmächten aus dem Westen soll der Handel mit China gleichzeitig die Entwicklung der eigenen Industrie befördern. Bisher allerdings ist dieses Unterfangen noch mühsam.
Trotz aller Anstrengungen falle die Handelsbilanz zwischen Ghana und China immer noch zu Gunsten Chinas aus. "So geht es nicht weiter. Uns droht eine De-Industrialisierung, denn durch die billigen Textilien bricht unser Textilsektor zusammen. Wir müssen einen Weg finden, das auszubalancieren", sagt Abodakpi.
China als Handelspartner für Diktatoren wie Mugabe
Für eine solche Balance sollen vor allem Arbeitsplätze an der westafrikanischen Goldküste sorgen. Auf der anderen Seite des Kontinents, in Simbabwe, hat das bislang noch nicht geklappt. Dort propagiert die Regierung des Diktators Mugabe den Blick nach Osten. Ihr bleibt auch kaum etwas anderes übrig, weil sie vom Westen weitgehend boykottiert wird.
Simbabwe exportiert Düngemittel, Zucker und Tabak nach China. Auf der anderen Seite gelangen Textilien, neuerdings auch Milch und Süßigkeiten von China nach Simbabwe - meist in billiger Qualität, wie der Journalist Godfrey Marawanyika sagt. Die Überflutung der lokalen Märkte mit Billigware aus Fernost habe zu Arbeitsplatzverlust geführt - ein großes Problem in einem Land, in dem die Arbeitslosenrate nach offiziellen Schätzungen ohnehin schon bei 70 Prozent liegt.
Mehr Nach- als Vorteile
"Die Politik, nach Osten zu schauen, wirkt sich für unser Land nicht gut aus. Es hat uns mehr Nach- als Vorteile gebracht", sagt Marawanyika. "Denn die Firmen, die in Simbabwe von Chinesen eröffnet werden, bringen nicht wirklich Beschäftigung mit sich." Das Problem: Die Chinesen bringen ihre eigenen Arbeitskräfte mit und stellen nur wenige Einheimische ein.
Das habe bereits zu Feindseligkeiten gegenüber den Chinesen geführt, so Marawanyika. Insgesamt müssten die Afrikaner ihre regionalen Verbünde stärken, um sich den negativen Auswirkungen des Handels mit China besser widersetzen zu können. Langfristig, so wurde bei der Diskussionsrunde in Hongkong klar, werden Vereinbarungen und Verbünde allein China nicht stoppen können. Afrika selbst müsse wettbewerbsfähiger werden. Wie das in möglichst kurzer Zeit geschehen kann, blieb jedoch offen.