CeBIT-Auftakt in Hannover
9. März 2014Regelmäßige Besucher der Cebit haben alles schon erlebt. Den bescheidenen Anfang vor 28 Jahren als Centrum der Büro- und Informationstechnik. Den Hype der IT-Branche zur Jahrtausendwende, als sich Hunderttausende durch die Messehallen drängelten. Und die Ernüchterung, als die große IT-Blase geplatzt war. Die Cebit war immer das Spiegelbild einer Branche, die sich in einem ständigen Wandel befindet. In den letzten Jahren versuchten die Messemacher in Hannover den Spagat zwischen Fachbesuchern und Privatanwendern. Doch einer von beiden war immer unzufrieden. Image und Qualität der Messe nahmen Schaden.
100 Prozent IT-Business
Jetzt also der radikale Schnitt: Der neue Cebit-Chef Oliver Frese setzt auf IT-Business - und zwar zu 100 Prozent, wie er sagt. "Das ist auch eine logische Entwicklung der vergangenen Jahre. Der Fachbesucheranteil ist stetig gestiegen, in gleichem Maße hat der Anteil der Privatbesucher abgenommen", so Frese zur DW. Die Aussteller investierten erheblich in einen Messeauftritt - und am Ende der Messe wollten sie konkrete Geschäftskontakte in der Tasche haben. "Aus diesem Grund haben wir eine breite Zustimmung des internationalen IT-Marktes zu unserem Konzept. Daher erwarten wir eine starke Cebit 2014."
Topthema Datensicherheit
Nun also steht das IT-Business im Mittelpunkt - auch wenn freilich Smartphones und Tablets die Stände beherrschen. Doch zeigen sie vor allem Profi-Lösungen für Unternehmen - und nicht die neueste Wetter-App. Besonders im Blick ist das, was die IT-Branche mit Big Data umschreibt: also der Umgang mit den gigantischen Datenmengen, die im Zeitalter der Digitalisierung anfallen. Damit lassen sich absehbar gute Geschäfte machen - aber es lässt sich auch Schindluder betreiben. Darum haben sich die Messemacher das Motto "Datability" ausgedacht. "Es umschreibt den nachhaltigen und verantwortungsvollen Umgang mit großen Datenmengen", sagt Messechef Frese. 90 Prozent der heute verfügbaren Daten seien in den vergangenen zwei Jahren entstanden, täglich würden es mehr. "Die Aussteller zeigen konkrete Produkte, mit denen man diese Daten nutzbar machen kann für einen besseren Verkehrsfluss, für die Optimierung der Energiesysteme, für das Gesundheitswesen oder die Logistik."
Werben um Vertrauen
Aber seit dem NSA-Skandal sind die Menschen sensibler geworden, was den Umgang mit Daten betrifft - und auch die Unternehmen, die ihre Daten in die Cloud, also in Rechenzentren, ausgelagert haben. Daher geht es auf der Cebit auch um Vertrauen, sagt Dieter Kempf, der Chef des deutschen IT-Branchenverbandes Bitkom. "Ich glaube, dass der Nachweis funktioniert, dass wir große Datenmengen verantwortungsvoll und sicher unter Wahrung des Datenschutzes verarbeiten können mit den Lösungen, die hier gezeigt werden." Das fange an mit Kryptografie - also der Verschlüsselung von sensiblen Daten - und mit der Transparenz, "welche Daten wir speichern und wofür wir sie auswerten", so Kempf zur DW. "Es wird quer über die Messe eine Menge Aussteller geben, die sich genau diesem Hauptmotto verpflichtet fühlen und entsprechende Exponate zeigen."
Kempf plädiert dafür, den Umgang mit großen Datenmengen nicht nur als technisches, sondern auch als gesellschaftspolitisches Thema zu sehen. Zumal sein Verband gerade erst per Umfrage ermittelt hat, dass IT-Sicherheit das wichtigste Hightech-Thema derzeit ist - ob bei Privatanwendern oder in Unternehmen. Die deutschen IT-Firmen verspüren zwar seit Edward Snowdens Enthüllungen eine größere Nachfrage. Und sie seien, so Kempf, auch stark beim Thema Sicherheit. Doch weil es oft eher kleinere Unternehmen seien, könnten sie nicht wie die US-Internetgiganten weltweit expandieren.
Fachkräfte gesucht
Zumal es in Deutschland nach wie vor zu wenig IT-Fachkräfte gibt. Da hofft Kempf auch auf einen 'Cebit-Effekt': "Ich glaube, das Wichtige ist, dass die Messe auch ein Branchen-Schaufenster ist und eben auch jungen Menschen, die vor der Berufswahl stehen, zeigt, welche interessanten Berufe in den unterschiedlichen Bereichen gibt." Das fange an beim Software-Ingenieur, "aber wir brauchen auch Mathematiker und Physiker für das Thema Kryptografie". Da brauche man beste mathematisch-wissenschaftliche Kenntnisse. "Hier gibt es sehr spannende Themen im Forschungsbereich."
Vielleicht kann ein Blick auf das diesjährige Cebit-Partnerland Großbritannien helfen, wo eine boomende Startup-Szene auf dem besten Weg ist, zu einem industriellen Standbein der britischen Volkswirtschaft zu werden. A propos Startups: Den jungen Unternehmen bietet die Cebit in diesem Jahr noch mehr Raum. Über 300 junge Gründer sind auf der Messe vertreten. Vielleicht ist ja das neue Google oder Facebook dabei.