1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Skepsis gegenüber Medwedjew

14. Mai 2009

Das Moskauer Carnegie-Zentrum hat eine nüchterne Bilanz des ersten Amtsjahres von Präsident Dmitrij Medwedjew gezogen. Von einem politischen "Tauwetter" könne keine Rede sein.

https://p.dw.com/p/HqOH
Dmitrij Medwedjew wurde vor einem Jahr vereidigtBild: picture-alliance/ dpa

Bei der Mitarbeiterin des Carnegie-Zentrums in Moskau, Lilija Schewzowa, sorgen die vom russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew in letzter Zeit unternommenen und häufig als "Liberalisierung" bezeichneten Schritte nicht gerade für Optimismus. Gemeint sind die vorzeitige Freilassung der ehemaligen Yukos-Juristin Swetlana Bachmina, die Lockerung der Gesetze über Nichtregierungsorganisationen sowie ein Treffen mit Menschenrechtlern und ein Interview für die oppositionelle Zeitung Nowaja Gaseta.

Keine wirklichen Veränderungen

Lilija Schewzowa
Lilija SchewzowaBild: DW / Sergej Morosow

Die Expertin sieht darin keine grundlegenden Veränderungen in der Politik. Schewzowa zufolge sind die meisten Experten und politisch interessierten Menschen sehr skeptisch, was die tatsächlichen Gründe für das so genannte Tauwetter unter Medwedjew angeht. "Was ändert in unserem Leben die Tatsache, dass Frau Bachmina frei gekommen ist und der Präsident sich mit Menschenrechtlern getroffen hat?", fragt die Politikwissenschaftlerin. "Wir Skeptiker würden Veränderungen bestätigen, wenn Medwedjews Vorgehen das Feld für politischen Wettbewerb erweitert und erlaubt hätte, unsere demokratischen Rechte viel stärker in Anspruch zu nehmen."

Nikolaj Petrow Experte Russisches Carnegie-Center
Nikolaj PetrowBild: DW

Diese Meinung vertritt auch Nikolaj Petrow vom Moskauer Carnegie-Zentrum. "Bachminas Freilassung ist nur als Signal zu sehen, mehr nicht, alles andere ist nur Gerede", sagt der Experte und fordert stattdessen konkrete demokratische Reformschritte. Petrow stellt fest, dass das politische Regime sich mit dem Amtsantritt Medwedjews so gut wie gar nicht verändert habe, obwohl es eine ganz neue Situation gebe: die Wirtschaftskrise. In diesem Kontext falle die Bilanz des ersten Amtsjahres negativ aus. "Die Staatsmacht unterschätzt die Herausforderungen durch die Krise, auch in der Verwaltung, in der Innen- und Außenpolitik. In allen diesen Bereichen sehen wir keine realen Maßnahmen und Veränderungen, die eine Reaktion auf die Krise wären", so der Experte des Moskauer Carnegie-Zentrums.

Eine neue Strategie

Schewzowa sieht lediglich eine veränderte Strategie des regierenden Tandems Medwedjew-Putin. Es solle ein politischer Konsens geschaffen werden, der liberaler eingestellte Menschen, darunter einen Teil der Bürgergesellschaft, mit einschließt. Allerdings verfolge die Strategie nicht das Ziel, das politische System zu demokratisieren. "Es soll das erhalten werden, was besteht", sagt Schezowa.

Autoren: Sergej Morosow, Sergej Wilhelm / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann