Cape Town Book Fair
29. Juli 2010Bücher haben ihre Zeit, und ebenso Buchmessen: Über fast zwei Jahrzehnte hinweg überstrahlte die Buchmesse in Zimbabwes Hauptstadt Harare alle anderen derartigen Veranstaltungen in Afrika. Befeuert von großzügigen Entwicklungshilfe-Geldern trafen sich dort alljährlich die meisten Verlage, die auf dem Kontinent agierten - und zusätzlich viele im Entwicklungsbereich tätige Institutionen, Afrikakundler aus aller Welt und natürlich auch diejenigen Büchermacher aus Europa, die hofften, ihre Produktion auf dem Kontinent zu verkaufen.
Die politischen Verwerfungen in Zimbabwe leiteten ab Mitte der 90er Jahre den Niedergang dieser Leuchtturmveranstaltung ein, und es stellte sich die Frage, ob es möglich sein würde, eine Alternative zu entwickeln. Der südafrikanische Verlegerverband PASA und die Frankfurter Buchmesse taten sich schließlich ab 2003 zusammen, um in Kapstadt eine Buchmesse zu schaffen, die zunächst als Marketinginstrument für die Verlage des Landes dienen sollte, mittelfristig aber auch das Ziel verfolgte, zum zentralen Treffpunkt für alle afrikanischen Verlage zu werden.
Kontinentales Zentrum oder nationale Bücherschau?
Seit 2006 findet die Cape Town Book Fair nun im jährlichen Rhythmus statt, und vor dem fünfjährigen Jubiläum müssen sich die Veranstalter eingestehen, dass aus der erhofften Strahlkraft für den gesamten Kontinent nicht viel geworden ist: An den Fingern zweier Hände konnte man in den ersten Jahren die Zahl der Verlage aus anderen afrikanischen Ländern abzählen, die den Weg nach Kapstadt gefunden hatten. Seit 2009 lädt das Goethe Institut eine Handvoll Verleger aus Afrika zur Messe ein - an der grundsätzlichen Diagnose ändert dies nichts.
Zwar ist die Cape Town International Book Fair heute eine fast ausschließlich auf Südafrika konzentrierte Veranstaltung - gleichwohl ist sie mit rund 400 Ausstellern und einem umfassenden Programm aus Literatur und Fortbildungsveranstaltungen die mit Abstand größte Buchmesse im Afrika südlich der Sahara. Andere regionale Buchmessen wie Nairobi (Kenia), Lagos (Nigeria), Accra (Ghana) oder Dakar (Senegal) entfalten noch weniger Sogwirkung für die Büchermacher des Kontinents.
Dieses mangelnde Interesse der afrikanischen Verlage an einem Austausch auf kontinentaler Ebene hat wirtschaftliche Ursachen: Zum einen sind die Kosten für eine Messeteilnahme in einem anderen Land sehr hoch; zudem ist nie gewährleistet, dass ein Verlag alle seine Bücher auch rechtzeitig durch den Zoll bringen und dann während der Messe verkaufen kann. Messeteilnahmen lohnen sich nur, wenn Bücher verkauft werden können: Neben der Bürokratie steht aber auch die geringe Kaufkraft der meisten Afrikaner einem erfolgreichen Geschäft entgegen - Bücher sind in Afrika nur unwesentlich billiger als in Europa: Papier, Tinte und Druckmaschinen sind weltweit gleich teuer.
Vorteil für europäische Konzerne
Ein wichtiges weiteres Element, das einen kontinentalen Austausch verhindert, ist der überaus hohe Anteil der Buchproduktion für den Bildungssektor: Hier verhindern nationale Curricula häufig, dass Bücher in anderen Ländern verwendet werden können, obwohl die alten europäischen Kolonialsprachen wie Englisch, Französisch oder Portugiesisch weiterhin im Unterricht Verwendung finden.
Die Entwicklung der Cape Town Book Fair leidet aber auch unter den historisch bedingten strukturellen Problemen des Landes: Die Verwüstungen der Apartheid-Ära sind bis heute spürbar. Noch immer ist die Gesellschaft tief gespalten, "Erste" und "Dritte" Welt existieren häufig unverbunden nebeneinander her. Und weder die südafrikanischen Verlage noch die Regierungen auf lokaler und nationaler Ebene haben bislang Lösungen gefunden für mangelnden Zugang zu Bildung und Lektüre.
Lebendige Literaturszene mit großer Zukunft
Gleichzeitig kann die südafrikanische Literatur mit Nadine Gordimer und J.M. Coetzee auf zwei Nobelpreisträger verweisen; die südafrikanischen Verlage produzieren seit dem Ende der Apartheid ausgesprochen interessante literarische Programme in sämtlichen Genres, die allmählich auch eine Leserschaft in anderen Sprachen finden. Deon Meyer feiert als Krimiautor Erfolge in aller Welt, junge Autoren wie Niq Mhlongho, Kopano Matlwa oder John van der Ruyt geben zu besten Hoffnungen Anlass.
Weshalb deutsche und andere europäische Verlage bei der Messe eigentlich mit vielen Scouts vertreten sein sollten. Sind sie aber nicht: Neugier auf Literatur vom anderen Ende der Welt zählt, so scheint es, nicht zu den Grundtugenden deutscher Verleger.
Aber dafür kann die Cape Town Book Fair nun wirklich nichts.
Autor: Holger Ehling
Redaktion: Gabriela Schaaf