Rettungsprogramm
18. Januar 2008Mit massiven Steuererleichterungen will US-Präsident George W. Bush der Wirtschaft in den USA neue Impulse verleihen. Angesichts der Wirtschaftskrise solle der Staat auf Steuereinnahmen im Umfang von über 140 Milliarden Dollar (95,4 Milliarden Euro) verzichten, schlug Bush am Freitag (18.01.2008) in Washington vor. Dies entspricht etwa einem Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts der USA.
Das Programm solle sowohl für Unternehmen Investitionsanreize bieten wie auch die Verbraucher zu Ausgaben stimulieren. "Ein neues Wachstumspaket zu schnüren, ist unsere dringendste wirtschaftliche Priorität", erklärte Bush. "Wenn Amerikaner mehr von ihrem Geld behalten, sollte das die Verbraucherausgaben erhöhen und unsere Wirtschaft zu einer Zeit ankurbeln, in der die Leute sonst weniger ausgeben würden."
"Bereiche echter Sorge"
Nach Gesprächen mit Vertretern beider Parteien im US-Kongress sei er überzeugt, dass es einen "breiten Konsens" gebe, um ein solches Paket zu verabschieden. Die Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hatte zuvor erklärt, der Kongress wolle bis zum 28. Januar ein Konjunkturpaket schnüren. Mit dem seit längerem erwarteten Konjunkturpaket will Bush der wachsenden Rezessionsangst in den USA begegnen. Zwar stehe die US-Wirtschaft auf einem "soliden Fundament", doch gebe "Bereiche echter Sorge", räumte Bush ein und wies ausdrücklich auf den Immobiliensektor hin.
Der Präsident betonte dabei, dass es sich bei seinem Vorschlag nur um eine vorübergehende Maßnahme handele: "Dieses Wachstumspaket muss zeitlich befristet sein und umgehend in Kraft treten." Finanzminister Henry Paulson sagte, die Maßnahmen könnten bis zu 500.000 neue Arbeitsplätze schaffen. US-Finanzminister Henry Paulson zeigte sich trotz der derzeitigen Konjunkturschwäche optimistisch über die Aussichten. "Langfristig sind die Grundlagen unserer Wirtschaft robust, und ich bin überzeugt, dass unsere Wirtschaft weiter wachsen wird", sagte er.
Geldgeschenke für die Konsumenten?
Grundlage jeder Einigung mit den Demokraten im Kongress muss laut Bush ein Paket "mit einer breiten Absenkung der Steuer" sein, "das sich direkt auf das Wirtschaftswachstum auswirken wird". Der Präsident zeigte sich zuversichtlich, dass es zwischen Demokraten und Republikanern im Kongress "genug Übereinstimmung" gebe, um die Maßnahmen rasch zu verabschieden. Ohne die Zustimmung der gegnerischen Demokraten hätte ein Konjunkturpaket im Kongress keine Chance.
Bush erneuerte zwar am Freitag seine Forderung, die Ende 2010 auslaufenden Steuersenkungen aus seiner ersten Amtszeit unbefristet zu verlängern, was die Demokraten strikt ablehnen. Der Präsident vermied allerdings, ein Junktim zu dem Konjunkturpaket herzustellen.
Die Demokraten dürften ihrerseits für das Konjunkturpaket zu einem Verzicht auf ihren haushaltspolitischen Grundsatz bereit sein, demzufolge neue staatliche Ausgaben gegenfinanziert werden müssen. Einige Kongressabgeordnete regten bereits an, Rückzahlungen von 300 bis 800 Dollar pro Steuerzahler zu leisten. Ein ähnliches Verfahren war 2001 zur Ankurbelung der Wirtschaft zum Zuge gekommen.
Pläne drücken den Dow
Am Donnerstag hatte Zentralbankchef Ben Bernanke ein massives staatliches Eingreifen zur Stützung der Konjunktur angeregt und eine Größenordnung von 50 Milliarden bis 150 Milliarden Dollar genannt. Bernanke mahnte Regierung und Kongress zu raschem Handeln: "Wenn die Konjunkturanreize zu spät kommen, wird das der Wirtschaft nicht helfen."
Die Börsen reagierten enttäuscht auf die Details des Konjunkturpakets. Es sei fraglich, ob die von Präsident George W. Bush in dem Paket angekündigten Steuersenkungen die Konjunktur nachhaltig beflügeln können, hieß es am Markt. Im frühen Handel hatten die Börsen angesichts positiver Unternehmenszahlen noch freundlich tendiert. Der Leitindex Dow der Standardwerte notierte im Verlauf 0,5 Prozent im Minus bei 12.092 Punkten. "Es kommt alles auf einmal, und es ist nichts, was Bestand haben wird", sagte Owen Fitzpatrick von Deutsche Bank Private Wealth Management zu dem Konjunkturpaket. "Die Märkte warten aber auf etwas, das eine längerwährende Auswirkung auf das Steuersystem haben wird."
Angesichts der Diskussion in den USA wies die Bundesregierung in Berlin auf den "fundamentalen Unterschied" zwischen der Wirtschaftslage dort und in Deutschland hin. Die Wirtschaft in der Euro-Zone und damit Deutschlands befinde sich auf einem "stabilen Wachstumspfad", die Einkommen stiegen, betonte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Freitag in Berlin. Ein Konjunkturprogramm wäre in einer solchen Situation verfehlt, ja sogar kontraproduktiv, da es die Inflation weiter anheizen würde, sagte Steg weiter. (stu)