Bundestag debattiert Sterbehilfe
13. November 2014Dem Bundestag lagen dazu bislang Positionspapiere von fünf Parlamentariergruppen vor, die sich über die Fraktionsgrenzen hinweg zusammengefunden haben. Im Mittelpunkt der Debatte stand die Beihilfe zum Suizid, die in Deutschland bislang nicht strafbar ist.
Grundsätzlich plädieren alle Vorschläge für eine deutliche Verbesserung der sogenannten Palliativ- und Hospizversorgung sterbenskranker Menschen. Dabei geht es um die pflegerische und medizinische Versorgung dieser Menschen. Dazu hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe ein mit Gesundheitspolitikern der Regierungsfraktionen von CDU, CSU und SPD abgestimmtes Konzeptpapier vorgelegt.
Die unterschiedlichen Positionen
Mit der Ausnahme einer Gruppe von Abgeordneten der Grünen und der Linken sprechen sich alle Papiere gegen Sterbehilfevereine aus. Allerdings spricht sich auch diese Gruppe gegen kommerzielle Vereine aus.
Die vier anderen Abgeordnetengruppen lehnen Sterbehilfevereine ab und betreiben - mehr oder weniger gezielt - deren Verbot. Ausgenommen von einem solchen Verbot sollen Angehörige sowie behandelnde Ärzte, die im Einzelfall ein Medikament zum Suizid zur Verfügung stellen, bleiben. Sie dürften dies aber nicht "zum regelmäßigen Gegenstand ihres 'Behandlungs'-Angebots machen", heißt es in einem Papier aus der Union.
Eine Gruppe von Koalitionsabgeordneten um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) und die SPD-Fraktionsvize Carola Reimann und Karl Lauterbach will, dass der Arzt des Vertrauens dem schwer leidenden Sterbenden - auf Wunsch - ein tödliches Medikament zur Verfügung stellen kann, ohne in rechtliche Schwierigkeiten zu geraten. Diese Gruppe will daher die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen für Ärzte neu regeln, um diesen mehr Rechtssicherheit zu geben.
Kirchen gegen Sterbehilfe
Die Beihilfe zur Selbsttötung ist in Deutschland nicht strafbar, weil die Haupttat selbst - der Suizid - nicht strafbar ist. Somit sind auch Sterbehilfevereine, die Hilfe bei der Selbsttötung leisten, nicht illegal. Beim assistierten Suizid wird einem Sterbewilligen beispielsweise ein tödliches Medikament überlassen, aber nicht verabreicht.
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki sprach sich in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gegen eine ärztliche Beihilfe zum Suizid aus. "Es ist eine Perversion des Arztberufs, wenn Ärzte töten." Auch wenn nur ganz wenige Menschen ärztliche Suizidbeihilfe verlangten, wäre doch ihre ausdrückliche Erlaubnis eine schwere Beschädigung jeder Arzt-Patienten-Beziehung. Damit stiege auch der Druck auf Schwache, Alte und Kranke, die Gesellschaft "von sich zu entlasten" und Selbstmord zu begehen.
Der neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, warnte davor, das Tötungstabu aufzuweichen. Wer Kriterien als Rechtsgrundlage für ärztliche Suizidbeihilfe "gesetzlich festschreibt, schafft ein Recht auf Unterstützung bei der Selbsttötung", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Das sei für ihn die falsche Botschaft.
Bei der Diskussion handelte es sich um eine sogenannte Orientierungsdebatte. Bis Ende Februar sollen Gesetzentwürfe vorliegen. In der zweiten Jahreshälfte 2015 will der Bundestag dann ein Gesetz verabschieden – wie üblich bei ethischen Fragen ohne Fraktionszwang.
gmf/sti (afp, dpa, epd)