Kinderpornographie stärker geächtet
14. November 2014Kinder und Jugendliche sollen künftig besser vor sexuellem Missbrauch und unbefugten Nacktaufnahmen geschützt werden. Ein entsprechendes Gesetz hat der Bundestag mit der Mehrheit der Großen Koalition von Union und SPD beschlossen. Demnach wird bestraft, wer unbefugt Nacktbilder von Kindern und schutzbefohlenen Jugendlichen herstellt, besitzt und damit einen Handel betreibt. "Wir reden nicht nur vom Schutz von Kindern, sondern wir handeln", lobte SPD-Politiker Johannes Fechner das neue Gesetz.
Damit würden Strafbarkeitslücken geschlossen, und es gebe jetzt eine klare Definition, was Kinderpornografie sei. Ein Bild eines Kindes sei demnach pornografisch, "wenn das Video die unbekleideten Genitalien oder das unbekleidete Gesäß eines Kindes zeigt, oder wenn das Kind oder ein Jugendlicher mit geschlechtsbetonter Haltung abgebildet ist", so Fechner. Zudem wird die Verjährungsfrist für derlei Kindermissbrauch auf 30 Jahre erhöht, ebenso wie bereits die Kontaktanbahnung (auch Cyber-Grooming genannt) zwischen Täter und Opfer künftig unter bestimmten Bedingungen strafbar sein kann. Damit setzt Deutschland die Vorgaben einer EU-Richtline um, die zu einem besseren Schutz von Kindern im digitalen Zeitalter verabschiedet wurde.
Das Familienbild der nackten Kinder bleibt straffrei
Auch die Verbreitung von pornografischen Posing-Bildern im Netz soll künftig vom Gesetzgeber sanktioniert werden können. Unions-Familienpolitikerin Elisabeth Winkelmeier-Becker verwies darauf, dass damit nicht das private Bild der Eltern von ihren Kindern am Strand unter Strafe steht. Vielmehr solle der "unglaubliche, massenhafte Handel" mit Kinderpornografie unterbunden werden. "Es zieht nicht die Anstandsdame ein, es gibt keine verordnete Prüderie, aber es gibt mehr Schutz wo er heute fehlt."
Gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke beschloss der Bundestag zudem, dass die Verbreitung von all jenen digitalen Bildern über Erwachsene unter Strafe gestellt wird, die eine Person hilflos, ehrabschneidend oder persönlich verletzend zeigen und zur Schau stellen.
Grüne: "Gesetz schließt Rechtslücke, die es nicht gibt"
Vor allem bei diesem Teil des Gesetzes hatte es von der Opposition Kritik gehagelt. Für Katja Keul, die rechtspolitische Sprecherin der Grünen, greift der Gesetzgeber hier unverhältnismäßig in den Privatbereich der Menschen ein. "Was geeignet ist, dem Ansehen zu schaden, bleibt etwas sehr Subjektives und kann vom Gesetzgeber nicht klar bestimmt werden." Es werde hier eine Rechtslücke geschlossen, so Keul, die es in Wahrheit gar nicht gebe.
Weiterhin verweisen Kritiker darauf, dass derlei schwammige Rechtsbegriffe auch eine freie Berichterstattung durch Medien und eine gesellschaftliche Debatte von Wissenschaft und Zivilgesellschaft gefährden könnten. "Dieser Entwurf schießt weit über das Ziel hinaus", sagt Oppositionspolitiker Jörn Wunderlich von der Linkspartei. Er stoße die Tür weit auf für eine unverhältnismäßige Onlineüberwachung. Johannes Fechner von der SPD widersprach diesem Eindruck: Das Gesetz weise explizit darauf hin, dass Journalisten durch dieses Gesetz nicht in ihrer Arbeit behindert werden dürften.
Auslöser war der Skandal um SPD-Abgeordneten Edathy
Die jetzt verschärften Regeln zu Nacktbildern im Netz waren eine Reaktion auf den Fall des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy. Er hatte von einem kanadischen Kinderpornografie-Händler Nacktbilder von Jungen erworben, die nach bisheriger Rechtsprechung nicht strafwürdig waren. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte die Gesetzesverschärfung deshalb mit angestoßen. "Mit dem Körper von Kindern und Jugendlichen darf niemand Geld verdienen", sagte Maas vor der Abstimmung. Und er verwies noch einmal darauf, dass natürlich all jene Bilder Minderjähriger weiter straffrei blieben, die mit Zustimmung der Eltern verbreitet würden.
Kinderschutz nicht umfassend genug
Kinderschutzverbände beklagen, dass die beschlossenen Regeln viel zu kurz griffen. So erklärten das internationale Kinderhilfswerk terre des hommes und die Kinderrechtsorganisation ECPAT vor der Abstimmung, mit diesem neuen Sexualstrafrecht könne der Kinderschutz nicht gewährleistet werden. "Das neue Gesetz wird Kinder nur dann wirksam schützen, wenn eine kostenfreie und kindgerechte Begleitung von sexuell missbrauchten Kindern durch qualifizierte Fachberatungsstellen sichergestellt ist", erklärte die Kinderrechtsexpertin Tanja Funkenberg von terres des hommes. Solch eine Begleitung sei aber nicht vorgesehen. Mechthild Maurer, Geschäftsführerin von ECPAT kritisiert, dass die Hauptänderungen aus dem Fall des SPD-Abgeordneten Edathy resultierten, aber nicht die weitergehenden Maßnahmen wie die Aufstockung qualifizierter Kriminalbeamter zur Aufklärung von Sexualdelikten behandelten.