1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bundesregierung verteidigt Libyen-Enthaltung

20. März 2011

Nach der Enthaltung im UN-Sicherheitsrat zu Libyen reißt die Kritik an der Bundesregierung nicht ab. SPD und Grüne sehen Deutschland isoliert. Vor allem Bundesaußenminister Guido Westerwelle steht in der Kritik.

https://p.dw.com/p/10d03
Westerwelle (Foto: dpa)
Westerwelle verteidigt das deutsche AbstimmungsverhaltenBild: picture-alliance/dpa

Einen Tag nach Beginn der Luftangriffe auf Libyen hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) die deutsche Enthaltung bei der Libyen-Resolution im UN-Sicherheitsrat verteidigt. Deutschland sei nicht das einzige Land, das ein "militärisches Mitwirken für sich ausgeschlossen" hätte, sagte Westerwelle am Sonntag (20.03.2011) in Berlin. Als Beispiel nannte er Polen. Insofern sei der Eindruck, Deutschland sei nun isoliert in Europa, "völlig falsch", sagte Westerwelle.

Kritik aus den eigenen Reihen

Flugzeuge (Foto: dapd)
Die Bundesregierung ist gegen eine deutsche Beteiligung bei Luftangriffen auf LibyenBild: dapd

Auch andere Bundesminister verteidigten das deutsche Abstimmungsverhalten im Sicherheitsrat. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sprach sich gegen eine Beteiligung deutscher Soldaten bei den Angriffen auf Gaddafi aus. "Obwohl das Herz eher dafür spricht, sagt der kühle Kopf - lieber nicht", sagte de Maizière am Freitagabend im ZDF. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) betonte, Deutschland sei mit mehr als 7000 Soldaten in Auslandseinsätzen ein "treuer Bündnispartner". Ähnlich äußerte sich Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).

Doch nicht jeder Koalitionspolitiker ist einverstanden damit, dass sich Deutschland im Sicherheitsrat gemeinsam mit China, Russland, Indien und Brasilien enthalten hat, statt mit den NATO-Verbündeten zu stimmen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Ruprecht Polenz (CDU), warnte davor, dass Deutschland isoliert werden könnte. Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler warf Westerwelle vor, er habe Deutschland "in die Kumpanei mit Russland und China und in die Isolation gegenüber den arabischen Staaten und unseren westlichen Verbündeten geführt".

Rot-Grün für Militäreinsatz

Sicherheitsrat (Foto: AP)
Im Sicherheitsrat stimmte Deutschland nicht für die FlugverbotszoneBild: AP

Noch größere Kritik kommt von SPD und Grünen. Nun sehe es so aus, "als würde Deutschland vor der Macht dieses Öl-Mafioso kuschen", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Menschlich und politisch völlig inakzeptabel" nannte der Fraktionschef der Grünen im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit, die deutsche Enthaltung angesichts des Vormarsches der Gaddafi-Truppen. Sein Parteifreund Tom Koenigs, Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, sagte im Deutschlandfunk, Merkel habe die Solidarität in Europa und der NATO verletzt.

Auch die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, die die Bundesregierung wegen des Krieges in Afghanistan seinerzeit hart kritisiert hatte, sprach sich für eine Flugverbotszone aus. "Das halte ich eng begrenzt für richtig, weil man das freiheitsliebende Volk vor einem völlig irrsinnig gewordenen Diktator schützen muss", sagte sie dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". Lediglich SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier bezeichnete das Abstimmungsverhalten der Bundesregierung als "verständlich und nachvollziehbar": "Ob militärische Luftschläge dem Volk in Libyen helfen, daran kann man zurecht Zweifel haben", sagte er.

Bundesbürger gespalten

Die Bundesbürger sind laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag der "Bild am Sonntag" gespalten. 62 Prozent der Befragten sind demnach für eine Intervention gegen Gaddafi. Gleichzeitig sind aber 65 Prozent dagegen, dass sich die Bundeswehr daran beteiligt.

Autor: Dirk Eckert (afp, dapd, rtr)

Redaktion: Nicole Scherschun