Bundesregierung kritisiert Moskau
4. August 2019Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, die Festnahme hunderter demonstrierender Menschen am Samstag in Moskau stünde "in keinem Verhältnis zum friedlichen Charakter der Proteste". Weiter hieß es: "Die wiederholten Eingriffe in das verbürgte Recht auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung verstoßen gegen Russlands internationale Verpflichtungen und stellen das Recht auf freie, faire Wahlen nachdrücklich in Frage."
Russland müsse die Grundrechte seiner Bürger wirksam schützen, forderte eine Außenamtssprecherin. "Daher erwarten wir die rasche Freilassung aller friedlichen Demonstrantinnen und Demonstranten." Die Sprecherin rief die russischen Behörden auf, alle unabhängigen Kandidaten zuzulassen, "die hierfür die Voraussetzungen erfüllt haben". Die Wahl des Moskauer Stadtrats findet am 8. September statt.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verurteilte ebenfalls den "unnötigen und exzessiven Einsatz von Gewalt" bei den jüngsten Oppositionsprotesten.
Mehr als 800 Festnahmen in Moskau
Bei der nicht genehmigten Demonstration in Moskau am Samstag waren laut der Nichtregierungsorganisation OWD-Info 828 Menschen festgenommen worden. Das russische Innenministerium sprach von rund 600 Festnahmen und von 1500 Teilnehmern der als Spaziergang deklarierten Aktion. Die Kundgebung richtete sich gegen den Ausschluss mehrerer Oppositionskandidaten bei der Kommunalwahl. Schon bei vorherigen Protesten hatte es zahlreiche Festnahmen gegeben.
Unter den Festgenommenen war auch die bekannte Anti-Korruptions-Kämpferin Ljubow Sobol. Sie wurde von der Polizei in einem Taxi abgefangen, mit dem sie zur Demonstration fahren wollte. Sobol befindet sich bereits seit Tagen in einem Hungerstreik und ist geschwächt. Die Juristin kämpft für eine Zulassung als Kandidatin zur Wahl des Moskauer Stadtrats. Die Wahlleitung hatte ihr wie den meisten nicht systemtreuen Anwärtern keine Registrierung erteilt, angeblich wegen schwerer Formfehler.
sth/AR (afp, dpa)