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Politik

Merkel hört Hinterbliebenen der Terroropfer zu

18. Dezember 2017

Kanzlerin Merkel ist mit Angehörigen von Opfern des Berliner Terroranschlags vor fast einem Jahr zusammengekommen. Im Vorfeld hatte Merkel eine bessere Unterstützung zugesagt. Damit reagierte sie auf massive Kritik.

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Berlin Breitscheidplatz: Ein Jahr nach dem Anschlag.
Kerzen erinnern am Berliner Breitscheidplatz an die Opfer des Attentats auf WeihnachtsmarktbesucherBild: DW/Imtiaz Ahmad

Bei einem Treffen mit Angehörigen der Opfer des Terroranschlags vor einem Jahr in Berlin will die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel Anteilnahme und Unterstützung der Bundesregierung ausdrücken. Das Gespräch solle deutlich machen, "dass wir mit den Menschen leiden und fühlen", sagte Merkel vor dem Treffen im Bundeskanzleramt. Sie sei zudem bestrebt, die Lage der Opfer zu verbessern. Der Opferbeauftragte Kurt Beck habe deutlich gemacht, was unzureichend sei, betonte Merkel. Die Bundesregierung werde sich mit aller Kraft für Verbesserungen einsetzen. Beck hatte in einem Bericht zahlreiche Vorschläge gemacht, was sich seiner Ansicht nach ändern muss. Kernpunkte sind höhere Entschädigungen und der Aufbau zentraler Anlaufstellen für Opfer auf Bundes- und Landesebene.

Der Tunesier Anis Amri war am 19. Dezember 2016 mit einem Lastwagen auf den Berliner Breitscheidplatz gerast. Bei dem islamistisch motivierten Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wurden zwölf Menschen getötet und mehr als 70 verletzt.

Hinterbliebene enttäuscht

In einem offenen Brief hatten Angehörige der Opfer jüngst Merkel Untätigkeit und politisches Versagen vorgeworfen. Sie beklagten außerdem Bürokratie-Wirrwarr und zeigten sich verbittert, dass Merkel weder persönlich noch schriftlich kondoliert habe.

Merkel sagte weiter, ihr sei das Treffen mit den Hinterbliebenen "sehr wichtig". Sie wisse, dass einige sich ein solches Treffen früher gewünscht hätten. "Mir ist wichtig, dass ich heute noch einmal deutlich mache, wie sehr wir mit den Angehörigen und mit den Verletzten fühlen, wie sehr wir auch Dinge verbessern wollen." Zugleich sagte Merkel: "Dieses Leiden, diese völlige Veränderung des eigenen Lebens wird nicht gutzumachen sein."

Veranstaltungsreigen am Jahrestag

Am Dienstag, dem Jahrestag der Gewalttat, wird mit mehreren Veranstaltungen der Opfer gedacht. Auch Merkel nimmt an einer geplanten interreligiösen Andacht und der Enthüllung des Gedenkzeichens teil. Am Vormittag soll eine Gedenkstunde stattfinden, zu der Vertreter von Politik und Kirche sowie die vom Anschlag betroffenen Menschen zusammenkommen. Bei einer interreligiösen Andacht in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche will Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprechen. Für die Kirchen nehmen der katholische Erzbischof Heiner Koch und der evangelische Bischof Markus Dröge teil.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, der derzeit auch Präsident des Bundesrats ist,  wird am Mittag den Gedenkort einweihen - einen 14 Meter langen, goldfarbenen Riss sowie die auf die Treppenstufen der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche angebrachten Namen der zwölf Toten. Für den Abend ist ein ökumenisches Friedensgebet in dem Gotteshaus angesetzt. Der Marktbetrieb des Weihnachtsmarkts am Breitscheidplatz soll an diesem Tag ruhen.

Deutschland: Enttäuschte Opfer

Amris Mutter zu Treffen bereit

Die Mutter des Attentäters vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, erklärte unterdessen ihre Bereitschaft, sich mit Müttern der getöteten Opfer des Anschlags vor einem Jahr zu treffen. "Ich bin selbst eine Mutter, die ihren Sohn verloren hat und mein Schmerz wächst jedes Mal, wenn ich mich daran erinnere, dass mein eigener Sohn für den Tod von Kindern anderer Mütter verantwortlich ist", sagte Nour Alhoda Hassani in einem Interview, das die Deutsche Welle (DW) telefonisch in arabischer Sprache mit Amris Mutter in Tunesien geführt hat. Ihr Sohn sei durch eine "Gehirnwäsche" zum Terroristen geworden, so Amris Mutter. Ihre Schmerzen über das, was passiert ist, seien "unvorstellbar". Sie würde sich deshalb einem Treffen mit Müttern der Opfer "niemals" verweigern. Nour Alhoda Hassani reagierte damit auf den in einem Brief geäußerten Wunsch der Mutter eines Opfers nach einem persönlichen Treffen, über den das Zweite Deutsche Fernsehen in einer TV-Dokumentation berichtet hatte.

kle/sam (dpa, afp, epd, kna)