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IS-Rückkehrerin droht höhere Strafe

9. März 2023

Laut Bundesgerichtshof muss über die Strafe einer IS-Rückkehrerin neu entschieden werden. Sie hatte dem Sterben eines versklavten Mädchens im Irak tatenlos zugesehen und war deshalb zu zehn Jahren Haft verurteilt worden.

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Deutschland | BGH-Urteil zu IS-Rückkehrerin
Jennifer W. bei der Verhandlung vor dem OLG München, das sie 2021 zu zehn Jahren Haft verurteilteBild: Sven Hoppe/dpa/picture alliance

Der deutschen IS-Rückkehrerin Jennifer W. droht eine härtere Strafe, weil sie 2015 im Irak ein jesidisches Mädchen in sengender Hitze angekettet sterben ließ, ohne einzuschreiten. Das Oberlandesgericht (OLG) München habe bei seinem Urteil einen minderschweren Fall angenommen, aber dabei Rechtsfehler gemacht, erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. W. war in München im Oktober 2021 unter anderem wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit durch Versklavung mit Todesfolge verurteilt worden.

Im Alter von 23 Jahren war sie 2014 nach Syrien in das Herrschaftsgebiet der dschihadistischen Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) gereist. Sie heiratete dort einen IS-Kämpfer, der kurz zuvor eine jesidische Frau und ihre fünf Jahre alte Tochter als "Sklavinnen" gekauft hatte. Mit ihrem Ehemann zog W. in den Irak. Die versklavte Jesidin musste für das Ehepaar im Haushalt arbeiten. Wie das OLG feststellte, misshandelte der Mann sie - teils auch nach Beschwerden von W. - häufig. Im August 2015 band er das kleine Mädchen im Hof in der prallen Sonne an ein Fenstergitter. Das Kind starb. Dem Münchner Urteil zufolge schritt W. nicht ein, obwohl sie die Lebensgefahr für die Fünfjährige erkannt hatte. 

Gesamtstrafe muss neu verhandelt werden

Für zwei Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Versklavung, eines davon mit Todesfolge, sowie für Beihilfe zum Mordversuch durch Unterlassen und andere Taten verhängte das OLG gegen W. eine Haftstrafe von neun Jahren. Hinzu kam eine Verurteilung zu zweieinhalb Jahren wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland. Beides wurde zu einer Gesamtstrafe von zehn Jahren zusammengefasst. Über die Einzelstrafe von neun Jahren und damit auch über die Gesamtstrafe muss nun ein anderer Senat in München neu verhandeln und entscheiden. Der irakische Ex-Mann von W. wurde bereits rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt, auch wegen Völkermordes.

Überlebende der IS-Verbrechen hören der Bundestagsdebatte zum Völkermord an den Jesiden zu
Überlebende der IS-Verbrechen hören im Januar der Bundestagsdebatte zum Völkermord an den Jesiden zu Bild: Christoph Strack/DW

Mehr als ein minderschwerer Fall

Die Revision des Generalbundesanwalts hatte damit Erfolg. Wie der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer in Karlsruhe sagte, begegnet die Annahme eines minderschweren Falls "durchgreifenden rechtlichen Bedenken". Der BGH zweifelte daran, dass das Münchner Gericht alle Umstände berücksichtigt habe.

So seien etwa W.s Beweggründe und Ziele nicht als möglicherweise straferschwerend erörtert worden. Dabei "drängt es sich auf, sie als menschenverachtend zu bewerten", sagte Schäfer. Er verwies unter anderem darauf, dass W. das Ziel des IS gebilligt habe, die religiöse Gruppe der Jesiden zu zerstören. Mehr als als 5000 Angehörige dieser Religionsgemeinschaft wurden von IS-Anhängern getötet. Frauen und Mädchen wurden verschleppt, versklavt und vergewaltigt. Der Bundestag hatte die Verbrechen im Januar als Völkermord anerkannt.

bri/se (afp, epd, dpa)