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Bundesbürger sollen Syrien verlassen

26. April 2011

In Syrien geht das Regime weiterhin brutal gegen die Demokratiebewegung vor. Auf den Militäreinsatz vom Montag folgte eine Verhaftungswelle. Deutschland und die USA haben ihre Staatsbürger zur Ausreise aufgefordert.

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Das Standbild aus einem Internet-Video zeigt einen Mann, der in Daraa einen anrollenden Panzer mit einem Stein angreift (Foto: AP)
Ungleiche Kräfte: Mit Steinen gegen PanzerBild: dapd

Das Auswärtige Amt hat am Dienstag (26.04.2011) allen Bundesbürgern in Syrien geraten, das Land zu verlassen. Solange es noch möglich sei, sollten Deutsche versuchen, mit regulären Flügen auszureisen, heißt es in einer verschärften Reisewarnung, die das Ministerium in Berlin veröffentlichte. Menschenansammlungen und Demonstrationen in Syrien sollten unbedingt vermieden werden. Zuvor waren bereits die US-Bürger vom Washingtoner Außenministerium dringend aufgefordert worden, nicht nach Syrien zu reisen. Diejenigen, die sich in dem von Unruhen erschütterten Nahoststaat befänden, sollten das Land möglichst schnell verlassen. Zudem werde der Betrieb der US-Botschaft in Damaskus eingeschränkt.

Sanktionsdrohung nur symbolisch?

In einer Erklärung des Weißen Hauses werden die blutigen Militäreinsätze der vergangenen Wochen mit schätzungsweise Hunderten Toten "auf das Schärfste" verurteilt und dem Regime in Damaskus mit "gezielten Sanktionen" gedroht. Ein Rücktritt von Machthaber Baschar al Assad wird allerdings nicht gefordert. Die US-Führung prüfe eine Reihe von Optionen als Reaktion auf die nicht zu akzeptierende Gewalt gegen Demonstranten, sagte ein Regierungssprecher im Weißen Haus. Nach Angaben des "Wall Street Journal" sollen Vermögenswerte von syrischen Regierungsmitgliedern eingefroren und ihnen eine wirtschaftliche Betätigung in den USA untersagt werden. Das Blatt wertet dies jedoch als weitgehend symbolische Maßnahme, da kaum jemand in Assads Führungszirkel über bedeutende Besitztümer in den USA verfügt.

Ein Handyfoto zeigt Soldaten an einer Straßensperre in der syrischen Hauptstadt Damaskus (Foto: AP)
Ein Land im Griff des MilitärsBild: AP

Die Regierung in Damaskus hatte am Montag mehrere tausend Soldaten gegen die Protestbewegung eingesetzt. Die Zahl der Todesopfer kennt niemand genau. Allein in der südlichen Stadt Daraa sollen nach Angaben von Oppositionellen mindestens 39 Menschen getötet worden sein, als die Soldaten mit Panzern einrückten. Zudem seien Strom und Telefonleitungen gekappt worden. Bewohner Daraas berichten von Heckenschützen, die auf jeden feuerten, der aus dem Haus wolle. Deshalb könnten Tote und Verletzte, die auf den Straßen lägen, nicht geborgen werden. Daraa ist eines der Zentren des Aufstandes.

Demonstranten fordern den Sturz des Regimes

Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden landesweit rund 500 Anhänger der Demokratiebewegung festgenommen. Die Führung in Damaskus stellt die Demonstrationen als Angriff krimineller Banden auf die Sicherheitskräfte dar. Inmitten des Militäreinsatzes schloss die syrische Staatsmacht zudem die Grenze zum Nachbarland Jordanien. Die Entscheidung habe Damaskus einseitig getroffen, sagte ein jordanischer Regierungssprecher. Daraa liegt nur fünf Kilometer hinter der jordanischen Grenze. Die Bewohner der Stadt nutzen das jordanische Handynetz.

Die von den Revolutionen in anderen arabischen Ländern inspirierte Protestbewegung in Syrien hatte vor sechs Wochen damit begonnen, für demokratische Reformen zu demonstrieren. Nachdem es dabei zu blutigen Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften gekommen war, änderten sich die Parolen. Jetzt hört man bei den Protestaktionen vor allem den Ruf nach dem Sturz der Regierung Assad. Die Aufhebung des Ausnahmezustandes - eine der zentralen Forderungen der Opposition - hatte bislang keine praktischen Auswirkungen, da Sicherheitskräfte und Spezialeinheiten noch immer mit unerbittlicher Härte gegen die Demonstranten vorgehen. Menschenrechtsorganisationen berichten über willkürliche Festnahmen und Folter in Polizeigewahrsam.

Westerwelle verlangt europäische Unterstützung

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) rief die Staaten Europas dazu auf, die Freiheitsbewegungen in Nordafrika stärker zu unterstützen. "Wer denkt, die Revolutionen in unserer Nachbarschaft seien bereits abgeschlossen, der irrt", sagte Westerwelle der "Bild"-Zeitung. "Wir Europäer müssen beherzt handeln, damit auf den arabischen Frühling ein Sommer folgt - und kein Zurück in den Winter." Der Außenminister forderte Syriens Präsident Baschar el Assad dringend auf, die Bürger- und Menschenrechte zu respektieren.

Autor: Rolf Breuch (afpd, dapd, dpa, rtre)
Redaktion: Eleonore Uhlich