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Brisanter UN-Bericht über Genozid im Kongo

5. September 2010

Ein Untersuchungsbericht der Vereinten Nationen über Gräueltaten im Kongo belastet die ruandische Armee. Wegen Protesten aus Ruanda haben die UN die Veröffentlichung des brisanten Materials um einen Monat verschoben.

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Navi Pillay vor dem UN-Symbol (Foto: AP)
Ihr Haus hat den UN-Bericht erstellt: Hochkommissarin Navi PillayBild: AP

500 Seiten umfasst der Bericht aus dem Büro des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Genf über Gräueltaten in der Demokratischen Republik Kongo. Darin sind mehr als 600 Vorfälle aus den Jahren bis 2003 aufgelistet. Dabei sollen Zehntausende von Menschen – zumeist Zivilisten und viele Frauen und Kinder – getötet, vergewaltigt und verstümmelt worden sein. Die Täter waren laut diesem UN-Bericht kongolesische Rebellen und ruandische Soldaten. Die Gräueltaten könnten als Völkermord eingestuft werden, heißt es in der Untersuchung.

Offiziell ist der Bericht noch nicht veröffentlicht, doch schon jetzt sorgt der Entwurf für Wirbel. Ruanda läuft Sturm gegen den Report und droht seine Soldaten von der UN-Friedensmission in Sudans Krisenregion Darfur abzuziehen. Die Vereinten Nationen reagierten am Donnerstag (02.09.2010) und verschoben den Veröffentlichungstermin auf den 1. Oktober. "Auf Nachfrage haben wir uns entschieden, den beteiligten Ländern einen weiteren Monat einzuräumen, um den Entwurf zu kommentieren", teilte die UN-Hochkommissarin für Menschrechte, Navi Pillay, mit. Diese Kommentare könnten dann mit dem Dokument veröffentlicht werden.

Wurden Opfer zu Tätern?

Ruandas Präsident Paul Kagame (Foto: dpa)
Ruandas Präsident Paul Kagame, der erst Anfang August im Amt bestätigt wurdeBild: picture-alliance/dpa

Der Vorwurf, an einem Völkermord beteiligt zu sein, ist für Ruanda eine extreme Bedrohung. "Er stellt die Legitimität der Regierung in Frage", sagt die Koordinatorin der Menschenrechtsorganisation Ökumenisches Netz Zentralafrika, Ilona Auer-Frege. Zentrale Figur dabei ist Ruandas Präsident Paul Kagame, der als Retter im ruandischen Genozid 1994 gilt. Damals hatten Hutu-Extremisten rund 800.000 Tutsi und gemäßigte Hutus abgeschlachtet.

Die UN-Untersuchung hatte ergeben, dass unter anderen ruandische Soldaten des Tutsi-Volkes systematisch Angriffe auf Angehörige der Hutu-Bevölkerung im Kongo verübt hätten. Ein Sprecher der ruandischen Regierung erklärte, es sei unmoralisch und inakzeptabel, dass die UN, die durch ihr Versagen während des Völkermordes in Ruanda und der nachfolgenden Flüchtlingskrise unsägliches Leid verursacht hätten, nun die ruandische Armee für Gräueltaten im Kongo verantwortlich machten.

Zwei Jahre intensive Recherche

Das UN-Hochkommissariat verteidigt seinen Bericht: Für die Dokumentation seien mehr als 1280 Zeugen interviewt worden, um angebliche Übergriffe zu bestätigen oder zu entkräften. Zudem seien in den vergangenen zwei Jahren mehr als 1500 Dokumente gesammelt und analysiert worden. Insgesamt kostete die Erstellung des Berichts drei Millionen Dollar.

Für Auer-Frege ist der Inhalt des Entwurfs nicht unbedingt neu. Die meisten aufgelisteten Verbrechen seien aus verschiedenen Dokumenten bereits bekannt. "Aber es ist das erste Mal, dass diese Verbrechen systematisch erfasst und offiziell von den UN veröffentlicht werden." Eine schärfere Form der Kritik könne es kaum geben.

Autorin: Sabine Faber (epd, dpa, afp)
Redaktion: Gerhard M. Friese