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Politik

Südafrika als Taktgeber der Schwellenländer

Jan Philipp Wilhelm
30. Dezember 2017

Der Wirbel um BRICS, den Club der Schwellenländer, ist merklich abgeflaut. Doch Südafrika will als neuer Vorsitzender die Kooperation fortsetzen. Denn es profitiert von der Mitgliedschaft - politisch und wirtschaftlich.

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BRICS Gipfel in Xiamen China 2017
Bild: picture alliance/ZUMAPRESS.com

Große Pläne, kaum Ergebnisse: So in etwa lautet die Einschätzung vieler Beobachter zur Lage von BRICS, dem exklusiven Club der Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Angetreten um die Vormachtstellung des Westens in der Weltwirtschaft zu brechen, schmiedeten die BRICS-Staaten zu Beginn dieses Jahrzehnts eine ganze Reihe von ehrgeizigen Plänen.

So sollte eine gemeinsame Ratingagentur der angeblich unfairen Behandlung durch US-amerikanische Agenturen entgegenwirken. Mit einem eigenen Unterseekabelsystem wollten sich die BRICS-Länder gegen mögliche Spionageaktivitäten der USA und Europa schützen. Und eine gemeinsame Entwicklungsbank sollte die Schwellenländer unabhängiger vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank machen.

Doch wegen Schwierigkeiten bei der Abstimmung und wirtschaftlicher Stagnation in Südafrika, gar Rezession in Russland und Brasilien ist das Interesse an BRICS deutlich abgeflaut. Von den genannten Projekten scheint lediglich die New Development Bank (NDB) langsam aus den Startlöchern zu kommen. Immerhin bewilligte die Bank mit Sitz in Shanghai im vergangenen Jahr Projekte im Umfang von 1,5 Milliarden US-Dollar. Doch eine echte Alternative zu IWF und Weltbank ist die NDB damit noch längst nicht.

Rund 40 Prozent der Erdbevölkerung, ein Viertel der Wirtschaftsleistung

Jakkie Cilliers Leiter Institut für Sicherheitsstudien in Pretoria
Jakkie Cilliers vom Institut für SicherheitsstudienBild: DW/T. Waldyes

Ist BRICS also ein überholtes Konzept? Mitnichten, sagt Jakkie Cilliers, Chef des African Futures and Innovation Programme am Institut für Sicherheitsstudien (ISS) in Südafrika. Er glaubt, dass BRICS als Zusammenschluss von Schwellenländern auch künftig eine aktive Rolle spielen wird. "BRICS bleibt wichtig auf der globalen Bühne der G20, da sie dort ein Gegengewicht zur G7-Gruppe bilden", so Cilliers im DW-Gespräch.

Aktuelle Wirtschaftszahlen zeigen, dass an den BRICS-Staaten tatsächlich kaum noch ein Vorbeikommen ist. 2017 betrug ihr Anteil an der Weltwirtschaft 23,6 Prozent, bis zum Jahr 2022 wird er laut IWF-Prognose bis auf 26,8 Prozent steigen. Der Anteil der BRICS-Staaten an der Weltbevölkerung ist sogar noch höher: 2015 lag er bei 41 Prozent.

Was diese Zahlen allerdings verschleiern: Es herrscht ein großes Ungleichgewicht zwischen den BRICS-Staaten. Das Schwergewicht China trägt derzeit alleine fast zwei Drittel zur Wirtschaftsleistung des Clubs bei - mit steigender Tendenz. Alle sechs Monate wächst die chinesische Wirtschaft um den Umfang der Wirtschaftsleistung Südafrikas.

Nicht zuletzt sei das aber einer der Gründe, weshalb der Wille zur weiteren Zusammenarbeit ungebrochen sei, meint ISS-Experte Cilliers. "Alle versuchen vom besonderen Verhältnis zu China innerhalb von BRICS zu profitieren". Gerade für Südafrika sei BRICS deshalb sehr wichtig. "Wir tragen nur etwa drei Prozent zur Wirtschaftsleistung von BRICS bei, aber wir werden von unseren Partnern als die führende Nation in Afrika gesehen", so Cilliers.

Südafrika übernimmt BRICS-Vorsitz

2018 übernimmt das Land am Kap der Guten Hoffnung nun die rotierende Präsidentschaft des Clubs. Anlass genug für manche Beobachter, nach der Legitimität des südafrikanischen Führungsanspruchs zu fragen. Denn ginge es nur nach der Wirtschaftsleistung, müssten Nigeria und Ägypten als größte Volkswirtschaften Afrikas längst auch Teil von BRICS sein.

Südafrika ANC Parteitag Zuma und Ramaphosa
Ob Präsident Jacob Zuma das BRICS-Treffen 2018 leiten wird oder der designierte Nachfolger Cyril Ramaphosa, ist offenBild: Getty Images/AFP/M. Safodien

Doch wirtschaftliche Stärke sei nicht alles, sagt Jakkie Cilliers. So käme es auch auf die außenpolitische Ausrichtung und innenpolitische Situation in den Ländern an. "Es könnte sein, dass die anderen BRICS-Mitglieder glauben, dass Nigeria nur wenig zu BRICS beisteuern könnte", so Cilliers. Ähnliches gelte auch für Ägypten.

Derweil scheint unklarer denn je, wer die Rolle des Gastgebers auf dem kommenden BRICS-Gipfel in Johannesburg einnehmen wird. Obwohl die Amtszeit von Präsident Jacob Zuma offiziell erst 2019 endet, verdichten sich die Anzeichen eines verfrühten und unfreiwilligen Abgangs. Mitte Dezember wurde Zuma als Parteivorsitzender des African National Congress (ANC) durch Cyril Ramaphosa ersetzt. Am Freitag entschied das südafrikanische Verfassungsgericht, dass das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren eröffnen müsse. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Zuma bei Renovierungsarbeiten an seinem Privathaus unrechtmäßig auf Staatsmittel zurückgegriffen hatte.

Jakkie Cilliers hofft nun, dass Ramaphosa noch vor dem Gipfel die Präsidentschaft übernehmen kann. Denn mit einem neuen Kabinett wäre auch ein neues Engagement beim Thema BRICS möglich. "Das wäre sehr wichtig für Südafrika", sagt Cilliers.