Brasilien siegt mit Mühe gegen die Schweiz
28. November 2022Selbst wenn Neymar nicht mitspielen kann, so schwebt sein Geist seit einigen Jahren über den Spielen der brasilianischen Nationalmannschaft. So auch bei der WM in Katar. Im Vorfeld des zweiten Gruppenspiels gegen die Schweiz war Neymar zum einen Thema, weil sich Fans und Experten die Frage stellten, wie Trainer Tite die entstandene Lücke füllen würde. Der 30-jährige Führungsspieler der Selecao hatte sich beim Auftaktsieg gegen Serbien (2:0) so schwer am rechten Knöchel verletzt, dass er für die Vorrunde des Turniers ausfällt. Die Brasilianer taten sich ohne ihren Superstar schwer, setzten sich gegen die Eidgenossen in Gruppe G am Ende aber knapp mit 1:0 (0:0) durch. Mittelfeldspieler Casemiro (83. Minute) gelang der Treffer des Tages. Damit steht Brasilien vorzeitig im Achtelfinale.
Eine weitere Diskussion über Neymar aber feuerte Raphinha an. Der Nationalmannschaftskollege teilte bei Instagram nach der Begegnung gegen die Serben einen Post über das Ansehen des Spielmachers bei einem nicht gerade kleinen Teil der Fußballliebhaber in seiner Heimat. Denn es hagelte Spott und Häme, als sich herausstellte, dass Neymar schon wieder bei einer WM an einer Verletzung laboriert. "Die argentinischen Fans verehren Messi wie einen Gott. Die portugiesischen Fans behandeln Ronaldo wie einen König. Die brasilianischen Fans sehnen sich danach, dass Neymar sich das Bein bricht", hieß es in dem Post, den Raphinha teilte. Nicht gerade charmant.
Viel Kritik an Neymar
Bei der Heim-WM 2014 in Brasilien brach sich Neymar im WM-Viertelfinale gegen Kolumbien einen Rückenwirbel und musste gegen Deutschland passen. Es folgte der historische 7:1-Erfolg der DFB-Elf im brasilianischen Fußballtempel Maracana. 2018, bei der WM in Russland, litt Neymar unter Fitnessproblemen, die Brasilianer schieden nicht zuletzt deshalb früh im Viertelfinale gegen Belgien aus.
An den vielen und unterschiedlichen Reaktionen auf die neuerliche Verletzung Neymars in den Sozialen Medien ist zu erkennen, dass es viele Menschen gibt, die dem Superstar, der einst für die Rekordablösesumme von 222 Millionen Euro von Barcelona nach Paris wechselte, überaus kritisch gegenüberstehen. Das hat zum einen sportliche Gründe.
Das äußerst selbstbewusste - nicht selten bis in Arroganz ausufernde - Auftreten Neymars auf den Spielfeldern dieser Welt sorgt nicht gerade für Sympathiewerte. Hinzu kommt: Seine Flugeinlagen ohne oder mit nur geringem gegnerischen Kontakt und seiner nachfolgenden Theatralik sind seit Jahren berüchtigt bei Gegnern und deren Fans.
Unterstützer Bolsonaros
Die sportlichen Fakten sprechen allerdings für Neymar. Der Offensivspieler hat in 122 Länderspielen 75 Tore für sein Land erzielt. Damit fehlen ihm noch zwei Treffer, um mit der größten Fußballikone des Landes, Pelé, gleichzuziehen. Der mittlerweile 82-Jährige erzielte seine 77 Tore allerdings in nur 92 Partien.
Und dann gibt es noch die politische Ebene der Kritik an Neymar. Vor diesem WM-Turnier gab er zu Protokoll, dass er seinen ersten Treffer in Katar dem in Brasilien erst kürzlich ganz knapp abgewählten Staatspräsidenten Jair Bolsonaro - der als rechtsextrem gilt und als Populist verschrien ist - widmen werde.
Neymar als Diskussionspunkt
Bei der Mehrheit des brasilianischen Volkes, das sich derzeit sehr gespalten in seiner politischen Haltung darstellt, wird dieses Statement nicht besonders gut angekommen sein. Wollte Neymar damit Unterstützung für den Teil der Brasilianer signalisieren, die die Wahlniederlage Bolsonaros immer noch nicht anerkennen?
An Neymar werden sich auch weiterhin viele Menschen reiben, viele Diskussionen werden noch über ihn geführt werden. Er ist so häufig ein Künstler auf dem Platz, aber auch ein extrovertierter Eigenbrötler auf und neben dem Spielfeld. Das Spiel des brasilianischen Nationalteams wird mit ihm aber in den allermeisten Fällen besser.