Brasilien bekommt umstrittene Arbeitsreform
12. Juli 2017Sechs Stunden dauerte es, bis die Reform des brasilianischen Arbeitsrechts schließlich beschlossen war. Denn die Gegner des Gesetzes ließen nichts unversucht: Senatorinnen der Opposition verlangten eine erneute Debatte über den Gesetzesentwurf, bestzten aus Protest sogar das Pult des Senatspräsidenten. Dieser reagierte, indem er im Sitzungssaal das Licht abschalten ließ. Als es endlich zur Abstimmung kam, stimmten 50 Senats-Abgeordnete zu, 26 lehnten das Gesetz ab.
"Sieg für Brasilien"
Brasiliens Präsident Michel Temer verkündete anschließend: "Diese deutliche Zustimmung ist ein Sieg für Brasilien im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und im Aufbau eines wettbewerbsfähigeren Landes." Das Gesetz über das Arbeitsrecht gehört zu einem Reformpaket, mit dem Temer die angeschlagene brasilianische Wirtschaft wiederbeleben will. Derzeit liegt die Arbeitslosigkeit bei 13,3 Prozent. Das neue Gesetz soll es Unternehmen nun ermöglichen, flexiblere Regeln zu Arbeitsstunden und Urlaubstagen zu erlassen. Außerdem werden die verpflichtenden Gewerkschaftsbeiträge abgeschafft. "Ich denke, wir haben eine der ambitioniertesten Reformen der letzten 30 Jahre verabschiedet", meinte Temer.
Die Opposition ist anderer Meinung. Sie argumentiert, das Gesetz diene lediglich den Arbeitgebern, während die Arbeitnehmerrechte eingeschränkt würden. Laut Regierung berührt das Gesetz jedoch nicht die in der Verfassung garantierten Arbeitnehmerrechte wie Urlaubszeiten, ein 13. Monatsgehalt sowie den staatlichen Mindestlohn. Die Gegner bezweifeln dies jedoch.
Temer unter Druck
Brisant war die Abstimmung aber vor allem aus anderen Gründen: Die Regierung Temers steht angesichts der Korruptionsvorwürfe gegen den Präsidenten unter enormem Druck. Dadurch wurde die Abstimmung über die Arbeitsmarktreform zu einem Test für dessen Zuverlässigkeit. Die Opposition wiederum wollte Temer politisch noch mehr isolieren.
Der bei seinen Landsleuten unbeliebte Konservative steht seit Langem am Pranger. Ihm wird vorgeworfen, jahrelang Schmiergelder für seine Partei kassiert zu haben. In den vergangenen Monaten hatte es deshalb immer wieder massive Proteste gegeben. Vor zwei Wochen wurde Temer schließlich angeklagt. Ob ihm tatsächlich vor dem Obersten Gerichtshof der Prozess gemacht wird, müssen nun die Abgeordneten des Parlaments entscheiden. Stimmen sie zu, würde Temer für 180 Tage von seinem Amt suspendiert.
nin/ww (kna, afp)