Boomtown Cotonou
Benins größte Stadt Cotonou ist mit rund 800.000 Einwohnern das Wirtschaftszentrum des Landes. Vor allem der Hafen gilt als "Lunge der Volkswirtschaft". Die Stadt wächst, doch das bringt neue Probleme mit sich.
Die ganze Stadt eine Baustelle
Immer mehr Menschen wollen in Cotonou leben. Doch dafür muss die nötige Infrastruktur geschaffen werden. Im Rahmen des Projekts "Asphaltierung" sollen bis 2021 allein in Cotonou insgesamt 237 Kilometer Straße gebaut, erneuert und ausgebessert werden. Die Regierung von Präsident Patrice Talon hat es ins Leben gerufen.
Prestigeprojekt Marina
Ein Aushängeschild: Der Neubau der Marina. Die Küstenstraße führt vom Supermarkt Erevan am Hafen entlang bis zur Avenue Clozel, an der zahlreiche Geschäfte liegen. Über mehrere Kilometer ist eine sechsspurige Straße entstanden. Entlang der Marina stehen allerdings seit Jahren eine Reihe Rohbauten, an denen nicht weiter gearbeitet wird.
Ein halb zerstörtes Haus und keine Entschädigung
Für die neuen Straßen müssen anderswo ganze Häuser weichen. Laurent Ganfled aus dem Stadtteil Fidjrosse hat das erlebt: Teile seines Hauses wurden abgerissen, als durch sein immer populäreres Viertel direkt am Strand eine neue Straße gebaut wurde. Heute hat er zwei Zimmer und ein Bad weniger. "Obwohl wir dagegen protestiert haben, gab es bisher keine Entschädigung", klagt er.
Der Traum vom Eigenheim
Bauherr ist längst nicht nur immer der Staat. Überall im Viertel Fidjrosse entstehen neue Gebäude. Anders als früher sind es oft Mehrfamilienhäuser oder Villen, die oft über zwei bis drei Stockwerke verfügen. Unbebaute Grundstücke sind dagegen kaum noch zu haben. Falls doch, dann hat sich ihr Wert in den vergangenen Jahren verdreifacht, schätzen Makler.
Kein Platz mehr für kleine Häuser
Deshalb müssen oft kleine Häuser und Hütten weichen. Gebaut wird dann bis an die Grenze des nächste Grundstücks. Mit Folgen: Oft nehmen sich die Neubauten gegenseitig die Sicht. Nicht unbedingt zur Freude der jeweiligen Bewohner. Eine Kehrseite des Booms.
Für eine saubere Stadt
Mit der Bevölkerung wächst auch der Müll. Deshalb entstand 2018 der staatliche Abfallwirtschaftsbetrieb SGDS-GN. Neben der Müllabfuhr, die momentan noch kostenfrei ist, ist das Unternehmen für die Säuberung der Kanalisation zuständig. Seit Wochen sind dafür in der ganzen Stadt Mitarbeiter unterwegs. Ein mühevolles Geschäft.
Stadtplanung? Fehlanzeige
Trotz dieser Maßnahmen vermisst Sènan Abraham Avakoudjo, Generalsekretär der Nationalen Vereinigung der Architekten und Stadtplaner in Benin, eine nachhaltige Planung für Cotonou. "Möchte man den sozialen Mix erhalten, muss man globaler denken." Es reiche nicht, einzelne Viertel aufzuwerten. Vor allem dürfe die arme Bevölkerung nicht aus der Stadt verdrängt werden.
50 Menschen in einem Hinterhof
Viele Menschen mit geringem Einkommen leben relativ abgeschottet in Xwlacoji, einem Fischer-Viertel zwischen Atlantischem Ozean und Nokoué-See. Eine Bewohnerin ist Martine Avinou, die sich als Verkäuferin von frittierten Yamswurzeln durchschlägt. Ihre Familie hat zwei kleine Zimmer ohne Toilette und Bad. Manchmal übernachten auf dem Hinterhof bis zu 50 Menschen – bei fünf Zimmern.
Kein Konzept für den Verkehr
Trotz der schlechten Wohnsituation kommt es für viele Menschen nicht in Frage, aus dem Zentrum wegzuziehen. Einen geregelten Nahverkehr gibt es in Cotonou nicht. Bisher gibt es nur "Benin Taxi". Die gelben Taxen lassen sich telefonisch bestellen und stehen an mehreren Standorte in der Stadt. Die Fahrt kostet allerdings umgerechnet mindestens 1,50 Euro
Die Stadt der Zéms
Die Masse der Bevölkerung ist deshalb weiterhin auf die Zémidjans angewiesen. Die Zéms, wie sie auch genannt werden, sind Moped-Taxen. Oft sind sie das schnellste Transportmittel - zum Beispiel rund um den Dantokpa-Markt, dem größten im ganzen Land. Allerdings sind die Fahrer immer wieder in teils schwere Unfälle verwickelt.
Das Meer kommt näher
Doch Cotonou hat noch ein weiteres Problem: Die Stadt kann kaum noch in die Fläche wachsen. Im Norden liegt der See Nokoué, im Süden der Atlantik. Und der kommt wie im Viertel Akpakpa immer näher. In der einstigen "Zone des Ambassades" sind bereits ganze Häuser verschwunden, andere sind nicht mehr bewohnbar. Steinwälle am Strand sollen nun vor weiteren Überflutungen schützen.