Bonn bekommt einen "Beethoven-Rundgang"
11. Oktober 2019Münsterplatz, Ecke Remigiusstraße: Heute versperrt hier, im Herzen von Bonn, ein riesiges Warenhaus den Weg. Im 18. Jahrhundert sah es anders aus: Umgeben von Gärten standen an derselben Stelle, unweit der Stadtmauer, gediegene Häuser wohlhabender Bürger. Das wäre immer noch so, wäre Bonn nicht Opfer von Bombardements im Zweiten Weltkrieg gewesen. Ein dreistöckiges klassizistisches Gebäude gehörte der Familie des Deutschordensritters Hofrat von Breuning. Der Hofrat selbst kam beim Brand des Residenzschlosses 1777 ums Leben, seine früh verwitwete Frau Helene und ihre vier Kinder blieben mitten in Bonn wohnen, umgeben von Musikinstrumenten, Büchern, Vogelkäfigen und Kinderspielzeug.
Am 31. Oktober 1788 kam ein junger Mann ins Haus, Ludwig van Beethoven, gerade achtzehn Jahre alt, um den Kindern Lorenz und Leonore Klavierunterricht zu geben. Der "oft störrische", häufig ungepflegte und hungrige junge Mann wurde herzlich in den Familienkreis aufgenommen und fand bei den Breunings Wärme und Geborgenheit, die ihm so fehlten. Für die nächsten Jahre wurde das "Breuningsche Haus" Beethovens zweite Heimat, hier ging er beinahe täglich ein und aus, hier verbrachte er seinen letzten Tag in Bonn vor der endgültigen Abreise nach Wien - den 1. November 1792.
Beethovens Zeit erlebbar machen
Geschichten wie diese erzählen die 22 Informationssäulen (genauso viele Jahre verbrachte Ludwig van Beethoven in seiner Geburtsstadt), die ab Oktober 2019 als erste sichtbare Vorboten des großen Beethoven-Jubiläumsjahres in Bonn und Umgebung zu sehen sind. Die innenstädtische Route mit ihren elf Säulen heißt BTHVN STORY und lotst Beethoven-interessierte Smartphone-Inhaber in Schrift, Bild und Ton durch das unmittelbare Bonner Lebensumfeld des Komponisten. Weitere elf Stationen führen in der BTHVN REGION zu weiteren Sehenswürdigkeiten und in die Natur. Um eine Geschichte erzählt zu bekommen, muss man lediglich den QR-Code einscannen.
Folgt man den grauen Stelen in der Innenstadt, so kann man sich tatsächlich gut vorstellen, wie die Wege des jungen Beethovens verliefen: von Zuhause zum Dienst am kurfürstlichen Hof, dann zum Musikunterricht am Rhein entlang, vielleicht mit einem Abstecher ins Wirtshaus. Einige historische Orte sind erhalten und sehen aus wie in alten Zeiten. "Und das ist bei weitem nicht nur das Geburtshaus Beethovens.Ein Ort, der heute immer noch genauso aussieht wie im 18. Jahrhundert, auch wenn er natürlich restauriert wurde, ist zum Beispiel die Schlosskirche", erzählt Ralf Birkner, kaufmännischer Geschäftsführer der Beethoven Jubiläums GmbH und Projektleiter. "Auch die Remigiuskirche ist sehr wichtig: Hier steht der Taufstein Ludwig van Beethovens. Das ist Original und gehörte früher nicht automatisch zum Tagesprogramm jedes Touristen, da die Remigiuskirche etwas abseits liegt."
Weitere Ziele auf der Beethoven-Route sind das Beethoven-Denkmal, das 1845 eingeweiht wurde (53 Jahre nach Beethovens Abreise aus Bonn und 18 Jahre nach seinem Tod), der alte Friedhof, auf dem, unweit von Clara und Robert Schumanns Grab, auch Beethovens geliebte Mutter Maria Magdalena ruht, oder das schmucke "La Redoute"-Schlösschen in Bonns Vorort Bad Godesberg. Hier spielte der 21-jährige Beethoven der Legende nach Joseph Haydn vor, der gerade auf der Durchreise aus London war, und wurde vom Meister ermuntert, sich auch weiterhin dem Musikstudium zu widmen. Später wurde Beethoven Haydns Schüler in Wien.
Einige Stationen lässt die Beethoven-Route imaginär wiederaufleben: "Besonders wichtig ist für mich persönlich die Wiederentdeckung des Wirtshauses "Zehrgarten" am Marktplatz", erzählt Ralf Birkner. "Es war ein Ort der Inspiration für den jungen Beethoven gewesen Hier trafen sich Freidenker, Hofmusiker und Studenten". Und die Tochter des Hauses, die blonde Babette, die als eine der ersten Schönheiten der Stadt galt, war wohl für den jungen Beethoven die erste "unerreichbare Geliebte".
Mit Beethoven auf Wanderung
Wenn man auch bei den Rundgängen durch das moderne Bonn seine Fantasie spielen lassen muss, um die Lebenswelt des jungen Komponisten vor dem inneren Auge auferstehen zu lassen, so ist man in der Natur schnell eins mit jungem Wanderer Ludwig. "Wenn man mal über Bonn hinausgeht, trifft man Beethoven auf Schritt und Tritt", so Ralf Birkner.
Elf Stationen in der Umgebung Bonns, dem Rhein-Sieg-Kreis, führen zu Schlössern, wo Beethoven als Klavierlehrer für den Adel spielte, zu Klöstern und Heilwasserquellen, die seine beliebten Wanderziele waren. Am besten gehe man aber Beethovens Wege den Rhein entlang oder durch das Siebengebirge, wo er als Kind mit seinem Vater wanderte. In der lieblichen und kraftvollen Natur des Rheintals spürt man ihn wohl am stärksten - den Geist des Autors der "Pastorale".