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BND: Opposition will Sondersitzungen

Marcel Fürstenau5. Mai 2015

Was wusste die Bundesregierung vom BND/NSA-Skandal? Grüne und Linke wollen Außenminister Steinmeier und Innenminister de Maizière in dieser Woche dazu im NSA-Untersuchungsausschuss befragen.

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Außenminister Steinmeier (r.) auf der Regierungsbank neben Innenminister de Maizière
Bild: picture-alliance/dpa/M. Gambarini

Plötzlich sollen oder wollen sich viele zu den Spionage-Vorwürfen gegen den Bundesnachrichtendienst (BND) erklären, die bislang wenig bis gar nichts dazu gesagt haben. Den Anfang machte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der schon in der vergangenen Woche vorgeprescht war. Er wolle "gerne zur Aufklärung des Sachverhalts vollumfänglich beitragen". Mit "Sachverhalt" sind Medien-Berichte gemeint, der BND habe dem US-Partnerdienst National Security Agency (NSA) geholfen, europäische Unternehmen und politische Institutionen auszuspähen. De Maizière soll davon seit 2008 Kenntnis haben. Damals war er als Chef des Kanzleramtes für die Koordination der Geheimdienste zuständig.

Grüne und Linke drängen nun darauf, auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) als Zeugen in den NSA-Untersuchungsausschuss zu laden. Er war Anfang des Jahrtausends unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder Geheimdienst-Koordinator. Nach den islamistischen Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA vereinbarten BND und NSA eine noch engere Kooperation im weltweiten Anti-Terror-Kampf. Ginge es nach den oppositionellen Grünen und Linken, soll Steinmeier bereits am Freitag als Zeuge in eine Sondersitzung geladen werden. Allerdings müssten der Ausschuss-Vorsitzende Patrick Sensburg und Bundestagspräsident Norbert Lammert (beide CDU) dem Termin zustimmen. Das erscheint schon wegen der Kurzfristigkeit als unwahrscheinlich. Am Mittwoch kommender Woche soll es nach dem Willen der Opposition eine weitere Sondersitzung geben.

Steinmeier: "Weiß nicht, was ich zur Aufklärung beitragen kann"

Grundsätzlich verhindern lassen sich eine Sondersitzung und die Ladung von Zeugen jedoch nicht. Dafür ist im Rahmen der Minderheitsrechte in Untersuchungsausschüssen keine Mehrheit nötig. Es geht also lediglich um die Frage, wann Steinmeier und andere Regierungsmitglieder vor dem NSA-Ausschuss erscheinen. Der Außenminister ließ am Dienstag in Berlin schon verlauten, einer Vorladung "selbstverständlich" zu folgen - "obwohl ich nicht weiß, was ich zur Aufklärung beitragen kann". Auf der nächsten turnusmäßigen Sitzung am Donnerstag werden zunächst vier BND-Mitarbeiter vernommen, die an der Kooperation mit der NSA beteiligt waren.

Wie weit geht die Kooperation des BND (im Bild der Neubau in Berlin) mit der NSA?
Wie weit geht die Kooperation des BND (im Bild der Neubau in Berlin) mit der NSA?Bild: picture-alliance/dpa/Paul Zinken

Innenminister de Maizière will bereits am Mittwoch im regelmäßig tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste (PKGr) seine Version zur BND/NSA-Affäre darlegen. Außerdem soll der amtierende Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hinter verschlossenen Türen erläutern, wann die Regierungszentrale was über mögliche NSA-Wirtschaftsspionage mit angeblicher Unterstützung des BND erfahren hat.

Generalbundesanwalt Range kommt in den Rechtsausschuss

Der PKGr-Vorsitzende André Hahn (Linke), der auch Mitglied im NSA-Ausschuss ist, erwartet von der Regierung umfassende Aufklärung insbesondere zur Frage nach sogenannten Selektoren in der Telekommunikation. Hinter diesem Begriff verbergen sich Telefon-Nummern und IP-Adressen, aber Presseberichten zufolge auch Personen und Institutionen. So sollen der Rüstungskonzern EADS und das Europäische Parlament auf Listen mit bis zu 40.000 Suchbegriffen stehen. Hahn verweist darauf, die Bundesregierung habe den Vorwurf der Wirtschaftsspionage und Überwachung europäischer Institutionen nicht dementiert. Mit Terrorismus-Abwehr könne das Ganze nichts zu tun haben.

BND/NSA-Aufklärer André Hahn
BND/NSA-Aufklärer André HahnBild: André Hahn

So sieht es auch Hans-Christian Ströbele (Grüne), der wie Hahn sowohl dem NSA-Untersuchungsausschuss als auch dem PKGr angehört. Dass nun alle - einschließlich Bundeskanzlerin Angela Merkel - in die verschiedenen parlamentarischen Gremien kommen wollen, findet Ströbele "ganz prima". Das gilt auch für den Auftritt des Generalbundesanwalts (GBA) Harald Range am Mittwoch im Rechtsausschuss des Bundestages, dem Ströbele ebenfalls angehört. Der GBA prüft inzwischen, ob in der BND/NSA-Affäre der Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegt. Ströbele wirft Range vor, Ermittlungen bislang eher verhindert zu haben.

Ströbele sieht sich nicht als Geheimdienst-Gegner

Großen Wert legt der Grünen-Politiker auch darauf, nicht als grundsätzlicher Gegner von Geheimdienst-Kooperationen dargestellt zu werden. Legal sei die Zusammenarbeit, wenn es um Rüstungskontrolle gehe. Der im Raume stehende Vorwurf der Wirtschafts-Spionage habe aber nichts damit oder mit dem Anti-Terror-Kampf zu tun. Hier gehe es darum, "dass unter Bruch deutscher Gesetze seit mindestens zwölf Jahren Informationen gesammelt, gespeichert und ausgewertet werden". Am Mittwoch werden Abgeordnete und Regierungsvertreter ausgiebig Gelegenheit haben, die strittigen Punkte zu besprechen. Neben dem Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste und dem Rechtsausschuss wird sich auch das Plenum des Bundestages in einer Aktuellen Stunde mit der BND/NSA-Affäre befassen - öffentlich.