Blick aus dem Fenster auf Manhattan
Seit 1995 knipst Reiner Leist fast jeden Tag den Blick aus seinem Fenster. Das einzigartige Langzeitprojekt "Window" zeigt die Verwandlung New Yorks. Mittendrin: der 11. September.
14. September 1995
Los ging es im Jahr 1995. Damals war Reiner Leist für ein Aufbaustudium nach New York gekommen. Die Walter Storms Galerie in München präsentiert nun die Langzeitstudie: Zu sehen ist immer der Ausblick aus seinem Fenster am 14. September. Außerdem erscheint ein Buch mit dem Titel "Reiner Leist, Window".
14. September 1996
Links erhebt sich das One Penn Plaza, daneben ist der Madison Square Garden, rechts das ehrwürdige New Yorker Hotel zu sehen. Reiner Leists Wohnung befindet sich in bester Lage: mitten im Zentrum von Manhattan.
14. September 1997
Leist benutzt für seine Studie "Window" zwei Plattenkameras. Eine wurde in den 1890er-Jahren in London hergestellt, die andere in den 1920ern in den USA. Die Aufnahmen sind wie ein fotografisches Tagebuch. Nur wer genau hinschaut, kann Veränderungen erkennen.
14. September 1998
Für die historischen Plattenkameras habe er sich entschieden, um die Grenzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu verwischen - und um Spannung zwischen Vergangenheit und Gegenwart in den Bildern zu erzeugen.
14. September 1999 ohne Foto
Leist hat zwar mehr als zwanzig Jahre lang beinahe jeden Tag Fotos gemacht, aber es fehlen ein paar Bilder vom 14. September. Im Buch und in der Ausstellung werden die Jahre 1999, 2000 und 2014 durch Fotogramme dargestellt. Die tiefschwarzen Bilder entstehen bei der direkten Belichtung von Filmen oder lichtempfindlichem Papier.
14. September 2001
Reiner Leist war am 11. September 2001 nicht in der Stadt, kam aber nach den Anschlägen sofort zurück. Diese Nacht-Aufnahme entstand nur drei Tage später und spiegelt sowohl den Schock als auch die gespenstische Ruhe nach der Tragödie.
14. September 2002
Ein Jahr nach dem Anschlag klaffte immer noch eine große Lücke in Manhattan. Leists Foto zeigt Veränderungen, aber auch Kontinuität.
14. September 2003
Leist hat die Fotos zu allen Tageszeiten und bei jedem Wetter gemacht.
14. September 2004
Nach einer Tragödie "wird Normalität zu einem hochgeschätzten Gut", sagt Leist. Seine Routine, Fotos zu machen, ergänzt er, sei ein Weg gewesen, nach 9/11 zur Normalität zurückzufinden.
14. September 2005
"'Window' ist eine Art Stadtporträt für mich", erzählte der Fotograf der DW.
14. September 2006
2006 wurden die ersten zehn Jahre von Reiner Leists Projekts als Buch mit dem Titel "Eleven Septembers" veröffentlicht.
14. September 2007
Obwohl Leist seit mehr als zwanzig Jahren in den USA lebt, verbringt er immer noch viel Zeit in Deutschland. Mit Window, sagt der Fotograf, versuche er, gleichzeitig Distanz und Nähe herzustellen.
14. September 2008
Obwohl sich die Fassaden verändert haben und neue Gebäude hinzugekommen sind, sei New Yorks "grundlegende Struktur irgendwie identisch geblieben", sagt Leist.
14. September 2009
Bevor Leist Mitte der 1990er-Jahre nach New York gezogen ist, lebte er in Cape Town. Damals nannte er New York eine "raue Stadt, die Respekt verlangte".
14. September 2010
So wie "Window" erstrecken sich auch Reiner Leists andere Arbeiten über einen längeren Zeitraum und behandeln oft die Beziehung zwischen Individuen und der Gesellschaft. Für sein berühmtes Projekt "American Portraits" reiste er sieben Jahre durch Amerika und kombinierte Portraits von Menschen, die er traf, mit Bildern aus ihrer Kindheit.
14. September 2011
Zehn Jahre nach 9/11 geht das Leben weiter in der Stadt, die niemals schläft.
14. September 2012
Leists Stadt-Wohnung gehörte zu einem Industrieviertel. Mitte der 1990er-Jahre wurde sie als Wohnraum frei gegeben, weil die zuvor gewerblich genutzten Gebäude nicht mehr vermietet werden konnten.
14. September 2013
Im 26sten Stock des Gebäudes bietet Leists Fenster einen einmaligen Blick über Manhattan.
14. September 2015
Reiner Leist will auch weiterhin Fotos aus dem Fenster seiner Wohnung auf der 8th Avenue machen. Die Fotos von 1995 bis 2015 werden in der "walter storms galerie" in München bis zum 22. Oktober ausgestellt.