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Kunst

Museum Ludwig zeigt afroamerikanische Kunst

Nadine Wojcik
22. Juni 2020

Das Museum Ludwig blickt kritisch auf seine Pop Art-Sammlung. Dort fanden afroamerikanische, indigene und queere Künstler bisher kaum Platz.

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Inszenierte Fotografie zeigt einen auf dem Boden liegenden Mann im Eingang eines Schuhgeschäfts, der von drei vermummten Menschen attackiert wird, eine Frau hält eine goldene Axt in der Hand. Werk aus der Ausstellung "Mapping the Collection" im Museum Ludwig.
Bild: Harry Gamboa Jr

Während derzeit weltweit Menschen gegen Rassismus demonstrieren, Denkmäler stürzen und festgefahrene Stereotype hinterfragt werden, eröffnet das Museum Ludwig in Köln eine bemerkenswerte Schau. "Mapping the Collection" heißt die neue Perspektive auf US-amerikanische Kunst der 1960er und 1970er Jahre - die Intention dahinter könnte dringender nicht sein.

Denn wer entscheidet, was in den kollektiven Kanon der Pop Art gehört? Sind es diejenigen Künstler, die am lautesten oder extrovertierten sind, die die meisten Ausstellungen aufweisen und bis heute die höchsten Preise erzielen, wie etwa Roy Lichtenstein, Andy Warhol oder Claes Oldenburg? Ist es Zufall, dass diese allseits akzeptierten Repräsentanten allesamt weiß und männlich sind?

"Mapping the Collection" stellt Pop Art auf den Prüfstand

Zur hochkarätigen Sammlung des Museums Ludwig, eines der bedeutendsten Museen Europas für moderne Kunst, gehört der größte Pop Art-Bestand außerhalb der USA. Nicht erst seit den Black Lives Matter-Protesten hinterfragt das Museum nun kritisch die eigene Sammlung: Ist sie wirklich repräsentativ für US-Kunst der 1960er und 1970er Jahre? Definitiv nicht, lautet die Antwort von "Mapping the Collection", was auf Deutsch "Kartierung der Sammlung" bedeutet. Der Schau war eine gleichnamige, zweijährige Forschungsarbeit vorausgegangen.
Und man stellte fest: Es fehlen nicht nur einige einzelne Stimmen im Kunst-Kanon, sondern ganze Bewegungen. Dank Leihgaben wurden nun Werke von feministischen, afroamerikanischen, indigenen und queeren Künstlerinnen und Künstlern hinzugefügt. Schließlich waren die 1960er und 1970er sehr bewegte Jahre für die US-amerikanische Geschichte: Afroamerikanische Bewegungen wie "Black Panther", die Ermordungen von John F. Kennedy und Martin Luther King, Proteste gegen den Vietnamkrieg und feministische und queere Bürgerbewegungen wirbelten althergebrachte Konventionen und Ideale durcheinander. All diese gesellschaftlichen Umbrüche bewegten auch Künstler - und doch ist davon in den weltweiten Kunstmuseen selten etwas zu sehen.

Grafische Arbeit "people like us, yes" der US-Künstlerin Corita Kent in der Ausstellung "Mapping the Collection" im Museum Ludwig.
Wie ein Werbeplakat ruft uns diese Arbeit entgegen: "Menschen so wie wir - ja". Geschaffen wurde sie von einer wenig bekannten Pop Art-Künstlerin: der Nonne und politischen Aktivistin Corita KentBild: Rheinisches Bildarchiv, Köln/Estate of Corita Kent Immaculate Heart

Museum Ludwig erweitert Sammlung

"In unserer Sammlung werden Positionen vermisst. Warum sind die nicht vertreten? Wir haben keine Antwort darauf, aber wir beschäftigen uns damit", sagte Museumsdirektor Yilmaz Dziewior auf der Pressekonferenz zur neuen Schau. "Wir finden, dass diese Künstler mehr Beachtung verdienen, weil sie in ihrer Zeit Fragen behandelt haben, die bis heute relevant sind." Dabei zeigt sich: Egal welcher ethnischen oder sozialen Herkunft die Künstler sind, der damalige künstlerische Stil kannte keine Grenzen. Unübersehbar sind die Verbindungen und auch Allianzen der Künstler.

Fotografie der Performance "Inside/Outside" von Senga Nengudi. Das Schwarzweißbild zeigt eine Strumpfhosen-Skulptur einer weiblichen Person of Color.
Affirmation weiblicher Identität: Senga Nengudis Performance "Inside/Outside", geformt unter anderem aus Strumpfhosen, symbolisiert die afroamerikanische FrauBild: Timo Ohler/Senga Nengudi

Was aber umgekehrt nicht bedeutet, dass sie alle die gleichen Chancen am Kunstmarkt und vor allem in der Rezeption hatten. "Um eine einseitige Erzählung der Kunstgeschichte zu überwinden, reicht es nicht, nun die anderen Bilder auszustellen, sondern man muss seine Institution und Sammlung kritisch hinterfragen", sagt Kuratorin Janice Mitchell, die zwei Jahre lang die Bestände der Sammlung durchforstet hatte. Daher kaufte das Museum Ludwig bereits im Zuge der Ausstellungsvorbereitung neue Werke zur Sammlung hinzu. Laut Museumsdirektor Dziewior sind weitere Ankäufe geplant.

Kein Schlussstrich im Museum Ludwig

Natürlich habe die Ausstellung durch die jüngsten "Black Lives Matter"-Proteste eine besondere Aktualität erfahren. Doch das solle nicht davon ablenken, "dass diese Themen immer präsent sind und man sich immer damit auseinandersetzen muss", mahnt Kuratorin Mitchell.

Das zeigen auch die Werke einiger junger Künstler in der Ausstellung. Sie nehmen in ihren Arbeiten historischen Bezug zu den 1960er Jahren und machen einmal mehr deutlich, dass US-Bürgerrechtsbewegungen bereits seit rund 60 Jahren gegen Rassismus kämpfen.