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Von wegen: Der Steiger kommt!

Tillmann Bendikowski31. Mai 2012

1924: Der "junge" Konrad Adenauer in erfolgreicher Pose.

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Konrad Adenauer (vordere Reihe 2.v.r.) und seine zweite Ehefrau Gussie (Auguste) beim Besuch einer Zeche im Ruhrgebiet dpa - Report
Bild: picture-alliance/dpa

Am Ende sind sie alle wieder glücklich oben. Gottlob, dem Oberbürgermeister von Köln ist nichts geschehen, nur mit staubgeschwärztem Gesicht lässt sich Konrad Adenauer im Jahr 1924 nach einer Grubenfahrt im Ruhrgebiet mit einigen Kumpeln ablichten (Auf dem Foto 2. von rechts). 48 Jahre jung ist Adenauer zu diesem Zeitpunkt – doch die meisten Deutschen haben ihn aufgrund seiner späten Kanzlerschaft nur als den „Alten“ in Erinnerung. Die Stadt Köln regiert er als Oberbürgermeister von 1917 bis 1933, zugleich glaubt man ihn schon damals zu weit Höherem berufen: Immer wieder wird er während der Weimarer Republik für das Amt des Reichskanzlers ins Gespräch gebracht.

Das Foto mit den Kumpeln zeigt: Adenauers wusste, wie wichtig die richtige Publicity ist. Darüber hinaus demonstriert es, wie sehr er sich um wichtige Dinge des Alltags bemühte - wozu gerade in Krisenzeiten die Versorgung mit der so wichtigen Steinkohle aus dem Ruhrgebiet zählte. Was freilich nur wenige wissen: Er macht sich auch als leidenschaftlicher Erfinder zahlreicher mehr oder weniger sinnvoller Neuerungen einen bescheidenen Namen. Zu seinen Kreationen zählt etwa 1917 eine Soja-Wurst. Im gleichen Jahr übrigens wird Adenauer (zu diesem Zeitpunkt der jüngste Oberbürgermeister im Deutschen Reich) in Köln in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt: Vermutlich war sein Chauffeur eingeschlafen, der Dienstwagen rammt eine Straßenbahn, und Adenauer schleudert durch die Trennscheibe – seine zahlreichen Verletzungen am Kopf müssen operativ behandelt werden.

Längst ist das Motiv des Politikers als Bergbau-Kumpel zu einer Pose verkommen. Allenfalls noch zu Lebzeiten eines Johannes Rau – früher Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen - war es eine mehr oder weniger glaubhafte Geste. Wer sich seither als Kumpel verkleidet ablichten ließ, wollte entweder den Steinkohlebergbau schnell abwickeln (was sozial brenzlig war), oder stilisierte ihn zu einer nationalen Aufgabe (was ökonomisch und ökologisch fragwürdig war). So oder so: Geblieben ist vom Bergbau zumindest dieses Foto-Motiv, erkannt und genutzt vom dem noch gar nicht Alten aus Rhöndorf.