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Bewusstsein für Lebensmittelsicherheit wächst

Katrin Matthaei27. August 2015

Verbraucherschutz wird wichtiger in Afrika: In Nigeria und Kenia etwa gibt es Lebensmittelkontrollen. Die funktionieren aber nicht immer so, wie Verbraucherschützer sich das wünschen.

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Milchproduktion in Kenia (Foto: Andreas Gebert/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Andreas Gebert

Es war eine kleine Sensation, als im Mai eines der schicksten Cafés in Nigerias Wirtschaftsmetropole Lagos vorübergehend schließen musste: Das populäre Chocolate Royale Café, prestigereicher Treff für Geschäftsleute und Pärchen aus reichem Hause, soll in seinen Vorratsräumen verdorbene Schokolade gelagert haben. Daraufhin schritt die nigerianische Kontrollbehörde NAFDAC ein und machte das Nobelcafé kurzerhand dicht.

"Wenn wir in einem Betrieb Mängel feststellen, gibt es erst eine Beschwerde und der Betrieb muss diese Mängel beheben", sagt Ugochukwu Mainasara. Sie ist bei der NAFDAC für die Sicherheit von Lebensmitteln und Medikamenten zuständig. "Wenn die Verstöße zu gravierend sind, schließen wir die Firma so lange, bis sie sich an die Vorgaben hält", fasst sie im Gespräch mit der DW ihre Mission zusammen.

Gefälschte Medikamente

Wer in Nigeria Essbares verkauft, verarbeitet oder importiert, kommt an der NAFDAC theoretisch nicht vorbei. Sie vergibt Zulassungen für Lebensmittel, verarbeitende Betriebe und Restaurants. Eigentlich muss auf jedem käuflichen Lebensmittel in Nigeria das Gütesiegel mit dem nigerianische Staatswappen prangen.

In der Praxis sei das aber nicht immer so, sagt Suleiman Arigbabu von der nigerianischen Nichtregierungsorganisation Human and Environmental Development Agenda (HEDA). HEDA finanziert sich durch internationale Entwicklungsgelder und engagiert sich für Lebensmittelsicherheit in Nigeria. Arigbabu berichtet von vielen Produkten auf dem Markt, die kein Siegel trügen. Darunter auch solche, die die NAFDAC ausdrücklich verboten habe. Gefährlich seien hier vor allem gefälschte oder abgelaufene Medikamente, die in Nigerias Großstädten auf der Straße verkauft würden.

Afrikanische Laborantin (Foto: PIUS UTOMI EKPEI/AFP/Getty Images)
Medikamenten-Fälschung auf der Spur: Labor der nigerianischen Kontrollbehörde NAFDACBild: Getty Images/P.Ekpei

Zu wenig Geld, zu wenig Personal

In Einzelfällen könnte das daran liegen, dass die NAFDAC Bestechungsgelder kassiere und die Verkäufer gewähren ließe, so Arigbabu. Die wahren Übeltäter vermutet er aber beim Zoll. "Meist stammen diese Produkte aus dem Ausland und finden ihren Weg irgendwie über die Grenze nach Nigeria." Die NAFDAC aber bekomme das Problem nicht in den Griff, weil sie personell und finanziell viel zu schlecht ausgestattet sei. Vermutlich kann sie sich auch nicht ohne Weiteres mit dem Zoll anlegen. Für Arigbabu ist jedenfalls klar: Abgesehen von medienwirksamen Aktionen wie der Schließung des Nobelcafés steht die NAFDAC auf verlorenem Posten.

Die Behörde selbst gibt zu, dass sie ihren Auftrag teilweise nicht wie erwünscht erfüllen kann. "Manchmal haben wir noch nicht einmal genug Fahrzeuge, um zu den Unternehmen zu fahren", räumt William Efiok, Stellvertreter von NAFDAC-Chefin Mainasara, ein. "Wir können nicht so viele Kontrollen durchführen, wie wir gerne würden." Und was ist mit den Arzneimittel-Fälschungen? "Ganz einfach: Wenn wir gesundheitsschädigende Medikamente ohne Gütesiegel sehen, zerstören wir sie", verteidigt sich Efiok.

Nigerianische Männer stehen auf Kartonhaufen (Foto: PIUS UTOMI EKPEI/AFP/Getty Images)
Die NAFDAC in Aktion: "Wenn wir gesundheitsschädigende Medikamente ohne Gütesiegel sehen, zerstören wir sie."Bild: Getty Images/AFP/P.U. Ekpei

WHO spricht von positiver Entwicklung

Trotz aller Schwierigkeiten zeigt das Beispiel Nigeria: Allmählich ändert sich das Bewusstsein in Sachen Lebensmittelsicherheit und -kontrollen in Afrika. Die Afrikanische Union etwa verhandelt derzeit über Funktion und Struktur einer gemeinsamen afrikanischen Behörde für Lebensmittelsicherheit.

Und auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf sieht Fortschritte. Verlässliche Daten zu Umfang und Erfolg entsprechender Gesetze oder Kontrollen in einzelnen Ländern gebe es zwar nicht, sagt Angelika Tritscher, WHO-Koordinatorin für Lebensmittelsicherheit. Ein positiver Trend sei aber klar erkennbar. "Es geht nicht mehr einfach nur darum, genug Lebensmittel zu haben, sondern auch darum, dass sie sicher sein müssen."

Größte Motivation für dieses Umdenken sei vor allem der internationale Handel. Afrikanische Länder müssten sich an europäische oder US-amerikanische Produktionsstandards halten, wenn sie ihre Lebensmittel exportieren wollten.

Mann vor Erdbeerstauden (Foto: Jeroen van Loon)
Erdbeer-Anbau in Kenia: Exporte in Industrienationen fördern LebensmittelsicherheitBild: Jeroen van Loon

Kenia ließ Maggi-Nudeln zurückrufen

Dass sich auch die afrikanischen Verbraucher allmählich eine Lobby verschaffen, zeigt ein Blick nach Kenia: Anfang Juni hatte dort eine Verbraucherschutzorganisation durchgesetzt, dass die kenianische Lebensmittelbehörde KEBS Fertignudeln der Marke Maggi (Nestlé) aus den Supermärkten zurückruft. Nestlé exportiert seine Nudeln auch nach Indien. Dort hatte das Gesundheitsministerium festgestellt, dass die Nudeln die zugelassenen Blei-Werte deutlich überschritten. Indien hatte das Fertiggericht im Mai aus den Regalen verbannen lassen.

Im Gespräch mit der DW versichert der Chef der kenianischen Lebensmittelbehörde KEBS, John Abongs, zwar: "Wir hatten in den vergangenen drei Monaten keine Importe dieser Nudeln." Dennoch habe man Maggi-Nudeln, die noch in den Supermarktregalen lagen, vorsorglich zurückgerufen. Nun warte man auf die Laborergebnisse. Ein Erfolg für die kenianischen Verbraucherschützer.

Mitarbeit: Alfred Kiti und Mansour Bala Bello