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Lokaler Waldschutz

Helle Jeppesen16. Oktober 2013

Die einheimische Bevölkerung in Guatemala bewirtschaftet Wälder in Eigenregie - und verhindert so die Abholzung der Regenwälder. Das Schöne an diesem erfolgreichen Konzept: Es verbindet Waldschutz mit Armutsbekämpfung.

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Die Maya-Ruinen von Tikal im Maya-Biosphärenreservat, einem Naturschutzgebiet in Guatemala (Foto: Helle Jeppesen für DW)
Bild: DW/H.Jeppesen

Wälder nehmen Kohlendioxid auf und fungieren so als Lunge des Planeten. Wenn Bäume abgeholzt werden, trägt das zum Klimawandel bei. Die Experten des internationalen Klimarates (IPCC) schätzen, dass die Vernichtung von Wäldern für zehn bis fünfzehn Prozent der weltweiten Klimagasemissionen verantwortlich ist.

Gleichzeitig sind die Wälder auch bares Geld - beziehungsweise die Fläche, auf der sie stehen. In Indonesien und Malaysia versinken die Städte regelmäßig in einem erstickenden Smog, weil die Regenwälder - legal oder illegal - durch Brände gerodet werden, um Platz für Plantagen, Rohstoffabbau oder Landwirtschaft zu schaffen.

"Überall auf der Welt sehen wir das Gleiche", sagt David Kaimowitz, der bei der Ford Foundation für natürliche Ressourcen zuständig ist. "Die steigende Nachfrage nach Fleisch, Palmöl, Papier und anderen Produkten erhöht weltweit den Druck auf die Wälder."

Auch in Mittelamerika sind die Bäume bedroht. Doch mit dem Konzept der indigenen Waldbewirtschaftung haben die Länder ein Win-Win-Modell geschaffen, das Waldschutz und Armutsbekämpfung kombiniert. Die jeweilige lokale Bevölkerung entscheidet selbst, wie sie den Wald nachhaltig bewirtschaften will.

Grasendes Vieh in El Petén, Guatemala. Der Regenwald wird durch den steigenden Bedarf für Weideflächen bedroht. (Foto: Helle Jeppesen für DW)
Der Regenwald in El Petén, Guatemala, wird auch durch Viehzucht bedrohtBild: DW/Helle Jeppesen

"Mexiko und Mittelamerika bilden die Region der Welt, wo die lokalen Gemeinschaften den größten Erfolg haben mit einem kommerziellen und gleichzeitig auch nachhaltigem Waldmanagement", erzählt David Kaimowitz. "Das ist eine der wenigen Regionen, wo die lokale Bevölkerung selbst Sägewerke und Schreinereien betreibt, wo das Management sehr professionell und in vieler Hinsicht sehr modern gemacht wird."

Nachhaltiges Wirtschaften nutzt den Bewohnern und dem Wald

El Petén, der nördliche Teil Guatemalas, der zwischen Mexiko und Belize liegt, ist ein Paradebeispiel. Die Wälder im Maya-Biosphärenreservat gehören zu den artenreichsten der Welt. Dort haben die Bewohner eine Konzession, die Lizenz den Wald zu nutzen, erhalten. Die bitterarmen Menschen hier sind durch Kolonialisierung und Militärdiktaturen Jahrhunderte lang vertrieben, umgesiedelt oder ermordet worden. Jetzt sind die Dorfbewohner zu Experten für nachhaltiges Waldmanagement geworden. Sie haben sich in dem Zusammenschluss ACOFOP (Asociación de Comunidades Forestales de Petén) organisiert, dem Verband der Wald-Gemeinschaften in El Petén.

"Einer der größten Erfolge von ACOFOP ist, dass die Gemeinschaften die Möglichkeit bekommen, vom Wald zu profitieren", sagt der Präsident von ACOFOP, Marcedonio Cortave. "Der Zusammenschluss hat gezeigt, dass extrem arme Bevölkerungsgruppen sich durch die nachhaltige Ressourcennutzung entwickeln und damit auch ihre Lebensumstände verbessern konnten."

ACOFOP-Präsident Marcedonio Cortave zeigt eine Auszeichung der National Geografic Society für nachhaltiges Waldmanagement in El Péten, Guatemala. (Foto: Helle Jeppesen für DW)
ACOFOP-Präsident Marcedonio Cortave mit der Auszeichung der National Geographic Society für nachhaltiges WaldmanagementBild: DW/Helle Jeppesen

Naturschutz, der die Menschen vor Ort einbezieht

Marcedonio Cortave gehört zu den Initiatoren von ACOFOP. Am Anfang, 1986, nach dem Ende der Militärdiktatur in Guatemala, gab es auch internationale Unterstützung für die Pläne eines Biosphärenreservats in der alten Maya-Hochburg in El Petén. Doch die meisten der internationalen Nicht-Regierungsorganisationen wollten damals das ganze Gebiet unter Naturschutz stellen, ohne die indigene Bevölkerung einzubeziehen, erinnert sich Cortave: "Das ist ein Modell, das vielleicht in reichen Ländern funktioniert. Doch in einem Land mit hoher Armut und ohne Chancen für die Menschen muss man Naturschutz anders machen. Da muss man auf nachhaltige Ressourcennutzung setzen."

Carmelita ist eine solche Gemeinde. Die Kooperative im Norden El Peténs besteht aus 80 Familien - insgesamt 380 Frauen, Männer und Kinder. Früher, bevor es das synthetische Kaugummi gab, lebte das Dorf von Chicle, dem weißen Saft des Sapodillbaums, der aus der Rinde gewonnen wird und als Rohstoff für Kaugummi exportiert wurde. Mit der synthetischen Herstellung gingen Preise und Produktion zurück, doch noch heute erinnert die Landebahn von Carmelita an die ehemalige Blütezeit des Dorfes.

Der Wald bietet viele Verdienstmöglichkeiten

Heute leben die Familien von dem, was der Regenwald hergibt, vor allem Tropenholz. Sie fällen jedes Jahr ein bis drei Bäume pro Hektar. Das Holz wird ausnahmslos mit dem Siegel der Forest Stewardship Council für Nachhaltigkeit zertifiziert. Ebenfalls FSC-zertifizierte Xate-Blätter werden für Blumengestecke nach Mexiko und ín die USA exportiert. Auch Chicle wird weiterhin von der Baumrinde gezapft und die Blätter der Guano-Palme werden für die traditionellen Dächer genutzt. Pimiento - eine Pfefferart, die im Wald wächst - zählt zu den profitablen Produkten des Waldes, ebenso wie neuerdings der Tourismus. Insgesamt bewirtschaftet die Kooperative über 50.000 Hektar Wald, davon über 20.000 Hektar für Holzwirtschaft.

Die Einwohner im Dorf Carmelita leben von den Produkten, die sie im Wald finden. (Foto: Helle Jeppesen für DW)
Die Einwohner des Dorfes Carmelita leben von den Produkten des WaldesBild: DW/Helle Jeppesen

Die ehemals bitterarme Gemeinde hat heute eine Schule, eine fest angestellte Krankenschwester und ärztliche Betreuung für alle Einwohner. Die Jugendlichen, die eine weiterführende Ausbildung in den großen Städten machen möchten, werden von der Gemeinschaft finanziell unterstützt. Ein eigenes Sägewerk und eine Schreinerei bieten zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten und Jobs. Seit relativ kurzer Zeit wird der Tourismus ausgebaut. Eine Fünf-Tage-Tour bringt die Urlauber zur Mirador, einer der berühmtesten Ruinenstätten der Mayas. Zwei Tage hin, zwei Tage zurück geht es mit Mauleseln durch den Regenwald - mit den Guides, Köchen und Maultiertreibern aus Carmelita.

Bewohner bangen um ihre Nutzungsrechte

Für Carmelita war die Waldkonzession überlebenswichtig. Ohne die Jobs und das Einkommen aus dem Wald wäre die ehemalige Chiclero-Gemeinde heute wohl ausgestorben. Auch der Wald profitiert von dieser Nutzung. Ob in Carmelita, San Andrés oder einer der anderen Gemeinden in El Petén: Die nachhaltige Waldbewirtschaftung hat sich als effektivstes Mittel gegen illegales Abholzen bewiesen. Waldbrände sind seltener in den Gebieten, die von den Einheimischen überwacht werden. Auch die Biodiversität der Regenwälder gewinnt durch das nachhaltige Management, das nicht in Zyklen von Jahren, sondern von bis zu vier Jahrzehnten gerechnet wird.

Die größte Gefahr für die Gemeinden ist zur Zeit das Auslaufen der Konzessionen. Auch in Carmelita haben die Bewohner Angst vor der Zukunft, denn sie wissen nicht, ob die für 25 Jahre verliehene Konzession von der dann amtierenden Regierung erneuert wird. Und eben diese rechtliche Nachhaltigkeit, so David Kaimowitz von der Ford Foundation, sei tatsächlich eine der größten Herausforderungen nicht nur für die Kooperativen sondern auch für den Walderhalt. "Wir brauchen eine langfristige Vision für den Schutz dieser Wälder. Auch die Kooperativen brauchen eine langfristige Sicherheit, damit sie vernünftig planen und wirtschaften können."

Dr. David Kaimowitz von der Ford Foundation (Foto: Helle Jeppesen für DW)
David Kaimowitz von der Ford Foundation fordert mehr Planungssicherheit für WaldmanagementBild: DW/Helle Jeppesen