Beweisverfahren zur Havarie der "Costa Concordia" eröffnet
3. März 2012Um die vielen Teilnehmer unterzubringen, fand die Anhörung in einem Theater der Hafenstadt Grosseto in der Toskana statt, unweit der vorgelagerten Mittelmeerinsel Giglio, wo die "Costa Concordia" kenterte. In der Verhandlung wurden zunächst Sachverständige bestimmt, die die Unglücksnacht rekonstruieren sollen. Das Kreuzfahrtschiff mit rund 4200 Menschen an Bord war am 13. Januar auf Felsen gelaufen. 32 Menschen kamen ums Leben.
Die Vertreter von Kapitän Francesco Schettino, der unter Hausarrest steht, gelangten durch eine Hintertür in den Saal. Er selbst blieb der Anhörung fern. Sein Anwalt sagte, Schettino fürchte um seine Sicherheit. Die Ermittler werfen dem 52-Jährigen vor, das Schiff vorzeitig verlassen zu haben und für den Tod der Passagiere verantwortlich zu sein.
Befehl zum lügen?
Zudem hatte er gestanden, zu nah an der Insel Giglio vorbeigefahren zu sein. Laut italienischen Medien hatte er offenbar seine Mannschaft angewiesen, die Küstenwache über das Ausmaß des Unglücks zu belügen.
Der erste Offizier Ciro Ambrosio habe dies ausgesagt, heißt es unter Berufung auf Verhörprotokolle. Nach einem Bericht der Tageszeitung "Corriere della Sera" sagte Ambrosio: "Kapitän Schettino hat uns befohlen, der Küstenwache zu sagen, dass alles unter Kontrolle sei." Schettino muss sich wegen fahrlässiger Tötung, Schiffbruchs und vorzeitigen Verlassens des Schiffs verantworten. Am Samstag kam der Vorwurf der Umweltzerstörung in einem Naturschutzgebiet hinzu. Neben dem Schettino und Ambrosio wird gegen sieben weitere Mitarbeiter des Kreuzfahrtanbieters Costa Crociere ermittelt.
Auswertung der Blackbox
Bei der Anhörung stand die so genannte "Blackbox" im Mittelpunkt, der Stimmenrekorder der "Costa Concordia". Von dem Aufzeichnungsgerät erhoffen sich die Ermittler weitere Aufschlüsse über den Unfallhergang. Wie die Staatsanwaltschaft erklärte, könnte die Auswertung des Geräts bis zu drei Monate dauern. Die nächste Anhörung soll am 21. Juli stattfinden.
Rund 50 französische Passagiere kündigten derweil an, sich einer Sammelklage in den USA anzuschließen. Sie erhoffen sich dadurch weit höhere Entschädigungen durch die italienische Reederei "Costa Crociere" und deren US-Muttergesellschaft "Carnival" als bei Prozessen in Europa.
uh/nis/kle/pg (afp,dpa, rtr)