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Das Islamgesetz in Österreich ist verabschiedet

Wolfgang Dick25. Februar 2015

Die Regierung in Wien wünscht sich einen Islam österreichischer Prägung. Das Parlament verabschiedete dazu ein Gesetz. Der Wiener Religionswissenschaftler Richard Potz im DW-Interview über dessen Vorzüge und Nachteile.

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Österreich Eyüp Sultan Moschee
Bild: picture-alliance/chromorange/E. Weingartner

Es heißt, das bisherige Gesetz aus dem Jahr 1912 sei überarbeitungsbedürftig gewesen. Warum?

Das Gesetz aus 1912 war rudimentär, weil es damals die Muslime in der Donau-Monarchie mit den Angehörigen anderer Religionsgesellschaften gleichgestellt hat, ohne dass es eine Institution für die Muslime als Dachverband gegeben hat. Dazu hat es damals viel zu wenige Muslime gegeben. Eine Reaktion auf die jüngsten Terroranschläge radikaler Islamisten ist es nicht, vielmehr eine Zusammenführung bisher nur verstreut existierender Vorschriften für die islamische Religion. Das sollte juristisch sauber in ein eigenes Gesetz.

Das Gesetz soll helfen, dass der Islam in Österreich Anerkennung erfährt und das Zusammenleben zwischen Muslimen und Christen gut funktioniert. Ein Hauptkritikpunkt daran ist, dass für die Muslime besonders betont wird: Staatliches Recht hat Vorrang vor religiösem Recht - Muslime müssen sich zu Staat und Gesetz bekennen. Inwieweit wird durch eine solche Vorschrift eine Religion nicht gut behandelt ?

Zunächst einmal ist es normal, dass in einem säkularen Staat Staatsrecht vorgeht vor religiösen Rechten. Das ist so selbstverständlich, dass es in den anderen Gesetzen nicht drin steht. Bei den Muslimen hat man es aber für notwendig befunden, es in das Islamgesetz zu schreiben und das sehr prominent gleich im §2 des Gesetzes. Das ist meiner Meinung nach ein überflüssiges Signal, das man interpretieren kann als: eigentlich misstrauen wir euch. Man weist auf den Verdacht hin, dass Muslime dem religiösen Recht in jedem Fall den Vorrang geben, auch wenn es um staatliche Pflichten geht.

Wie haben Sie sich als involvierter Experte und Gutachter in Sachen Islamgesetz dagegen gewehrt ?

Portrait Richard Potz Uni Wien, Foto: ORF, Marcus Marschalek
Richard Potz, Leiter des Instituts für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht, Uni WienBild: ORF/Marcus Marschalek

Das habe ich schon getan, aber Sie müssen bedenken, wenn eine solche Bestimmung einmal in der Welt ist, wenn sie in der Öffentlichkeit kommuniziert wurde, dann entwickelt das eine Eigendynamik. Die Frage kommt auf, warum Muslime etwas Selbstverständliches auf einmal weg haben wollen. Dann hieße es: Wollt ihr das also nicht akzeptieren? Auf Seiten der österreichischen Behörden wurde befürchtet, dass ein Rückzug der Bestimmungen in einer eher islamkritischen Öffentlichkeit als ein Nachgeben wirken könnte. Das würde politisch nicht sehr gut ankommen.

Ebenso wurde kritisiert, dass nach dem neuen Islamgesetz islamische Einrichtungen nicht mehr auf Dauer aus dem Ausland finanziert werden dürfen. Wozu soll das dienen? Ist das eine schärfere Kontrolle?

Es geht um Schutz. Die islamische Glaubensgemeinschaft als öffentlich-rechtliche Körperschaft sollte eine gewisse Bestandsgarantie haben. Eine Bestandsgarantie, die nicht davon abhängen darf, ob vom Ausland her eine Grundfinanzierung von heute auf morgen wegfällt. Die Grundfinanzierung stammt bisher von der Türkei. Die von dort entsandten Imame sind auch türkische Beamte. Aufgrund der institutionellen Trennung von Staat und Kirche würde das bedeuten, ein türkischer Beamter kann nicht gleichzeitig Geistlicher oder Seelsorger sein. Ein österreichischer Beamter jedenfalls dürfte das nicht. Jetzt sieht die Regelung vor, dass das Muslime unterstützende Ausland in Österreich eine Stiftung gründen soll. Diese Stiftung fällt dann unter die österreichische Stiftungsaufsicht und damit sei die Nachhaltigkeit gesichert, heißt es. Eine solche Finanzierungseinschränkung für das Ausland ist, denke ich, verfassungskonform und dieser Teil wurde auch in der Stellungnahme der OSZE nicht kritisiert. Es hieß nur, es werde zu wenig differenziert umgesetzt.

Eine weitere Vorschrift besagt, dass Imame künftig in Österreich ausgebildet werden und ihren Lebensmittelpunkt im Land haben sollen. Läuft das auf eine Art Gängelung hinaus ?

Es geht um Standards und ein einheitliches Niveau der Ausbildung. Es geht darum, Spannungen zu vermeiden, wenn jemand aus einem anderen sozialen Umfeld, der mit den hiesigen Verhältnissen nicht so vertraut ist, nach Österreich kommt. Aus diesem Grund sind auch in Deutschland die vier Islamzentren mit einer islamisch theologischen Ausbildung gegründet worden, weil man einfach haben möchte, dass die theologische Ausbildung und damit die Ausbildung von Imamen im Inland stattfindet. Die Islamische Glaubensgemeinschaft hat das angenommen und war immer daran interessiert, so zu ihrer Stärkung als Muslime Österreichs beizutragen.

Was ist im Islamgesetz aus Ihrer Sicht besonders gelungen ?

Zum Beispiel ist jetzt die Beschneidung zulässig als Teil der eigenen Tradition. Das ist jetzt eindeutig fixiert. Wir haben jetzt eine klare Regelung, was das Schächten betrifft. Und wir haben klare Regelungen für die islamische Militärseelsorge.

Aus den deutschen Regierungsparteien CDU/CSU heißt es, das Islamgesetz in Österreich könne eine Vorreiterrolle in Europa haben. Sehen Sie das auch so?

Ich habe davon aus den Medien erfahren. Konkrete Anfragen aus dem Ausland liegen nicht vor.

Richard Potz ist Jurist und Experte für vergleichendes Religionsrecht und leitet an der Universität Wien das Intitut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht. Er war als Gutachter in die Entstehung des Islamgesetzes eingebunden.

Das Gespräch führte Wolfgang Dick.