Mädchen und Müll
2. November 2010Nachdem Italiens Medien Ende Oktober einen neuen Mädchen-Skandal um Premierminister Silvio Berlusconi aufgedeckt haben, zeigt sich der Premierminister unbeeindruckt. Mehrere Zeitungen hatten berichtet, Berlusconi habe nach der Verhaftung einer 17-jährigen Marokkanerin wegen Diebstahls im Mai beim Polizeichef von Mailand interveniert.
Die Zeitung Corriere della Sera veröffentlichte Details des Gesprächs. Demnach habe Berlusconi den Polizeichef gebeten, das Mädchen nicht in ein Heim zu geben. "Wir kennen dieses Mädchen, sie wurde uns als Verwandte des Ägyptischen Präsidenten Mubarak vorgestellt," soll Berlusconi erklärt haben. Daraufhin habe Berlusconi darum gebeten, das Mädchen in die Obhut einer vertrauten Bekannten zu geben.
Tänzerin bei "Bunga-Bunga Partys"
Das Mädchen mit dem Decknamen "Ruby," eine Tänzerin, habe zuvor mehrfach an Abendessen in Berlusconis Villa bei Mailand teilgenommen. Bei diesen Ereignissen habe es sich um so genannte "Bunga-Bunga-Partys" gehandelt, was von den Medien als Hinweis auf eine Form sexueller Aktivität gewertet wurde.
Der Begriff hat daraufhin in der italienischen Öffentlichkeit ein Eigenleben entwickelt. Allerdings beteuerte Ruby, keinen Geschlechtsverkehr mit dem Premierminister gehabt zu haben.
Am 29.10.2010 räumte der 74-Jährige zwar ein, bei der Freilassung von Ruby seine Hände im Spiel gehabt zu haben. Sein Amt habe er jedoch nicht missbraucht. "Ich habe nichts klarzustellen", sagte Berlusconi. Er liebe das Leben und die Frauen und sei absolut stolz auf seinen Lebensstil, den er auch nicht zu ändern gedenke.
Flucht an die Müll-Front
In Bezugnahme auf das Medienecho, das der Skandal ausgelöst hatte und die sich zuspitzende Müll-Krise in Neapel, erklärte er, er wolle sich "lieber um den echten Müll kümmern." Berlusconi kündigte an "innerhalb von drei Tagen" die süditalienische Metropole vom Müll zu befreien und reiste direkt vom EU-Gipfel aus Brüssel in die Region.
Dort erklärte Berlusconi, er habe sich mit den Bürgermeistern der 18 betroffenen Gemeinden des Vesuv-Nationalparks auf eine Lösung verständigt. So verpflichtete sich Berlusconi, die umstrittene Öffnung der neuen Deponie Cava Vitiello bei Terzigno zurückzunehmen.
Zudem solle in einer anderen Deponie nur trockener Müll abgeladen werde, der nicht zu stinkendem Sickerwasser führen könne. Wohin der Müll stattdessen gebracht werden soll, blieb aber offen. Die Bürgermeister sollen im Gegenzug zugesagt haben, für ein Ende der seit Wochen andauernden Proteste zu sorgen.
Diese gingen jedoch nach dem Treffen weiter und verhinderten auch am letzten Oktoberwochenende weiterhin eine Beseitigung der Abfälle. Am Montag lagen in den Straßen von Neapel noch immer rund 2200 Tonnen Müll. In der Nacht zum 01.11.2010 musste die Feuerwehr 40 Mal ausrücken, um brennende Müllcontainer zu löschen.
Proteste gehen weiter
Unterdessen protestierten Bürger der nahe Neapel gelegenen Orte Terzigno und Giugliano gegen das Abladen weiterer Abfällen auf Deponien in der Nähe der Orte. "Wir können unseren Widerstand nicht einstellen, solange wir nicht konkrete Ergebnisse sehen und das Wohl der Bevölkerung nicht respektiert wird", erklärten Sprecher der "Bewegung zum Schutz des Gebiets rund um den Vesuv" am 30.10.2010.
In den vergangenen Wochen war es zu teilweise gewalttätigen Ausschreitungen zwischen der Bevölkerung und der Polizei gekommen. Zahlreiche Menschen waren dabei verletzt worden. Demonstranten hatten Müllautos in Brand gesetzt.
Opposition fordert Rücktritt
Die Opposition forderte unterdessen Berlusconi zum Rücktritt auf. Pierluigi Bersani, Vorsitzender der linksliberalen Demokratischen Partei, erklärte "Berlusconi kann keine Minute länger die öffentliche Rolle ausüben, die er durch unanständiges Verhalten betrogen hat."
Antonio Di Pietro, Vorsitzender der Italienischen Partei der Werte, rief Berlusconi in Anspielung auf eine vermeintliche Sex-Sucht auf "falls er es schon nicht für die Italiener tun will, wenigstens für sich selbst" zurückzutreten, "weil er Behandlung braucht, bevor es zu spät ist." Auch die Zeitung der Italienischen Bischofskonferenz Avvenire, rügte Berlusconis Verhalten mit den Worten: "Persönliche Nüchternheit und würdevoller Respekt sind der geringste Dienst am öffentlichen Amt, das jemand repräsentiert."
Autor: Fabian Schmidt (dpa, AFP, Reuter)
Redaktion: Gero Rueter