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Berliner Verlag verkauft

25. Oktober 2005

Erstmals geht eine deutsche Zeitung an ausländische Investoren: Eine Finanzgruppe aus Großbritannien und den USA kauft den Berliner Verlag mit seinem Flaggschiff "Berliner Zeitung" von der Holtzbrinck-Verlagsgruppe.

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Flaggschiff des Verlags: Die Berliner Zeitung

Den Verkauf gaben die Verlage am Dienstag in Berlin und Stuttgart mit. Der Holtzbrinck-Verlag, dem in Berlin auch "Der Tagesspiegel" gehört, muss aus kartellrechtlichen Gründen eines der beiden Zeitungshäuser in der Bundeshauptstadt verkaufen. Holtzbrinck hatte den Berliner Verlag 2002 von Gruner + Jahr gekauft. Das Bundeskartellamt untersagt diese Übernahme nachträglich.

Stefan von Holtzbrinck erklärte: "Es ist sehr bedauerlich, dass wir in Berlin keine starke Nummer Zwei im Markt werden konnten und uns somit wiederholt ein signifikantes Engagement im deutschen Zeitungswesen untersagt wurde."

Britisch-amerikanische Investorengruppe

Die Käufergruppe besteht aus der Mecom-Gruppe von David Montgomery und dem Investmentfonds Veronis Suhler Stevenson (VSS) mit Sitz in London und New York.

Montgomery profilierte sich in den 90er Jahren als Chef der Mirror-Zeitungsgruppe ("Daily Mirror"). 1992 übernahm er die Leitung des Pressehauses und trug wesentlich dazu bei, das abgewirtschaftete Unternehmen zu modernisieren.

Die amerikanische Investmentgesellschaft VSS gilt als einer der weltweit größten Medienfonds und engagiert sich vor allem in Unternehmen der Kommunikationsbranche in Europa und den USA. Seit 1987 hat VSS mehr als zwei Milliarden US-Dollar in Private-Equity-Fonds investiert, die ausschließlich in der Medien-und IT-Branche tätig sind.

Der Kaufvertrag sei am Montagabend unterzeichnet worden, teilte die Mecom-Gruppe mit. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Die britische Zeitung "Independent" beziffert ihn auf 100 Millionen Pfund (147,6 Millionen Euro).

Bedrohung der Pressefreiheit?

Gegen den Verkauf an Finanzinvestoren hatte es in den vergangenen Tagen erhebliche Proteste von Politikern und Journalisten gegeben. Mehr als 100 Prominente hatten sich einem Aufruf der Journalistenvereinigung "Netzwerk Recherche" gegen den geplanten Verkauf des Verlags an eine Finanzgruppe angeschlossen.

Die Übernahme gefährde die "innere Pressefreiheit". Die Unterzeichner forderten, einem "seriösen, kompetenten, verantwortungsvollen Verleger" den Zuschlag zu geben. Auch die Belegschaft des Berliner Verlages hatte gegen den Verkauf protestiert. Sie befürchtet einen Stellenabbau und einen Qualitätsverlust.

"Stolze Hüter der Publikationen"

Der künftige Aufsichtsratsvorsitzende David Montgomery betonte dagegen: "Wir haben großen Respekt vor der deutschen Zeitungsindustrie und wissen, dass der Berliner Verlag ein solides Unternehmen ist. Wir werden die stolzen Hüter der Publikationen des Berliner Verlages sein und die höchsten Standards journalistischer Qualität, verlegerischer Integrität und guten Managements einhalten."

Zunächst wollen die Investoren alle Beschäftigten beim Berliner Verlag übernehmen, zu dem unter anderem auch eine Druckerei und das Stadtmagazin "Tip" gehört. Für die Zukunft schloss Montgomery Stellenstreichungen aber nicht aus. Im Interview mit DW-TV sagt der Chef der britischen Investmentfirma: "Wir werden uns zunächst die Kostenstruktur genau ansehen. Es soll keine Qualitätseinbußen geben, aber natürlich gibt es immer Möglichkeiten, effizienter zu arbeiten."

Der Chefredakteur der "Berliner Zeitung", Uwe Vorkötter, habe Montgomery angeboten, in seiner Position zu bleiben. Vorkötter hatte den Verkauf an die Investoren in aller Schärfe öffentlich abgelehnt.

Weitere Zukäufe geplant

Montgomery zeigte sich überzeugt, dass der Gewinn der "Berliner Zeitung" (zuletzt rund neun Millionen Euro für 2004) unter anderem durch ein besseres Marketing noch gesteigert werden könne. An der journalistischen Qualität werde es keine Abstriche geben.

Von Berlin aus plant Montgomery nach eigenen Angaben weitere Zukäufe in Deutschland. Dabei habe er vor allem Regionalzeitungen im Visier. Der hart umkämpfte Markt in Berlin sei "sehr aufregend", sagte der Ex-Verleger. "Deutschland hat ein erstaunliches Potenzial".

Montgomery rechnet innerhalb von vier Wochen mit der Genehmigung des Verkaufs durch das Bundeskartellamt. Diesem liegt unterdessen noch keine Anmeldung des Verkaufs vor. Deshalb wollte eine Sprecherin auch keine Stellungnahme abgeben. (je)