Berlinale: Highlights der Dokumentarfilme
Die Berlinale prämiert auch herausragende Dokumentarfilme. Gewinner ist diesmal Alice Diops "We" über Frankreichs Zerrissenheit.
"We"
Alice Diops Film "We" erhielt den Berlinale Dokumentarfilmpreis - nur drei Monate, nachdem er schon die Sektion "Encounters" angeführt hatte. Diops Film erkundet die Vorstädte rund um Paris und erzählt Geschichten von der Zerrissenheit der französischen Gesellschaft. Die Jury lobte die Filmemacherin für ihre "Neugier auf das menschliche Befinden und ihre nachdenkliche Sprache".
"The First 54 Years - An Abbreviated Manual for Military Occupation"
Die Komplexität und Ausweglosigkeit des Nahostkonflikts spiegelt der Beitrag des israelischen Regisseurs Avi Mograbi. Sein Film zeigt die Folgen der Besetzung der palästinensischen Gebiete anhand von Interviews mit Männern, die in den vergangenen 54 Jahren als Soldaten auf der Seite Israels in Gaza und im Westjordanland eingesetzt waren. Der Berlinale-Jury war das eine "Lobende Erwähnung" wert.
"Herr Bachmann und seine Klasse"
Maria Speths hoffnungsvoller Beitrag zum Thema Schulbildung wurde bereits mit dem Silbernen Bären der Jury ausgezeichnet. Auch wenn er fast vier Stunden dauert, ist der Film ein fesselndes Lernerlebnis: In einer multikulturellen deutschen Stadt leitet Lehrer Dieter Bachmann, 64, eine Gruppe von Schülern aus 12 Nationen.
"Una película de policías"
Die Polizei ist eine der umstrittensten Institutionen in Mexiko. Regisseur Alonso Ruizpalacios erforscht in dieser Netflix-Produktion, was es bedeutet, ein Polizist in Mexiko-Stadt zu sein. Mit einer besonderen Mischung aus Dokumentation und Rollenspielen ist dies aber kein typischer Polizeifilm. Die Berlinale-Jury würdigte die außergewöhnliche Schnittarbeit von Yibran Asuad.
"Courage"
Der Film von Aliaksei Paluyan erforscht die gesellschaftliche Rolle unabhängiger Künstler im autokratischen Belarus. Er folgt dem Schicksal von drei Schauspielern des Free Belarus Theater in Minsk, die an den Massenprotesten nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen 2020 teilnehmen. Der Dokumentarfilm begeisterte auch schon außerhalb der Berlinale auf diversen internationalen Film Festivals.
"Miguel's War"
In diesem intimen Porträt kombiniert Regisseurin Eliane Raheb Animationen, Interviews und Archivmaterial. Im Mittelpunkt steht Miguel, der 1963 in eine katholische libanesische Familie geboren wurde. Weil das mit seiner Sexualität nicht vereinbar war, floh er vor 37 Jahren nach Spanien. Der Film begleitet ihn bei der Rückkehr in sein Heimatland, wo er die Traumata seiner Vergangenheit seziert.
"As I Want"
Eine Kundgebung zum zweiten Jahrestag der ägyptischen Revolution wurde von einer Reihe von gewalttätigen sexuellen Übergriffen überschattet. Frauen reagierten darauf, indem sie auf die Straße gingen. Um sich zu schützen, nahm Samaher Alqadi ihre Kamera mit, als sie sich den Protesten anschloss. So entstand diese eindringliche politische Dokumentation.
"Tina"
Dieser Dokumentarfilm der US-amerikanischen Produktionsfirma HBO gehört zwar nicht zu den Filmen, die für einen Preis bei der Berlinale nominiert sind, sorgt aber dennoch für viel Aufsehen beim Festival: Der Film über das bewegte Leben von Superstar Tina Turner ist im Programm des Berlinale Special zu sehen.
"A River Runs, Turns, Erases, Replaces"
Der Name Wuhan gilt als Synonym für den Ausbruch des Coronavirus, doch Shengze Zhus Porträt über die Beziehung der Metropole zum Jangtse-Fluss und die Auswirkungen der Industrialisierung handelt nicht von der Pandemie selbst. Dennoch spiegelt sein meditativer Ton die Atmosphäre der Trauer des vergangenen Jahres wider. Der Film wurde mit dem Caligari Filmpreis ausgezeichnet.
"Dirty Feathers"
Carlos Alfonso Corrals Dokumentarfilm liefert ein unerwartet poetisches Porträt über eine Gemeinschaft obdachloser Menschen an der Grenze zwischen den USA und Mexiko. Die ausgegrenzten Protagonisten des Films fühlen sich vom System im Stich gelassen, ihre Verletzlichkeit wird in dem schwarzweißen Film sinnlich betont. Traumata, Sucht und Polizeigewalt gehören bei ihnen zum Alltag.