Berliner Reaktionen auf den Tod Gaddafis
20. Oktober 2011"Dieser Tag setzt einen Schlusspunkt unter das Regime Gaddafi, es ist ein wichtiger Tag für die Libyer", so Merkel in Berlin. Der Weg sei nun endgültig frei für einen politischen Neuanfang in Frieden.
Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle hofft, dass für die Menschen in Libyen nach dem Tod des früheren libyschen Machthabers ein neues Zeitalter beginnt. Gaddafi sei ein Diktator gewesen, der die Menschenrechte missachtet und einen blutigen Krieg gegen das eigene Volk geführt habe. "Wir hoffen, dass die Menschen in Libyen nach Jahrzehnten der Diktatur nun ein neues, friedliches und demokratisches Kapitel für ihr Land aufschlagen können. Wir stehen an der Seite des neuen Libyen auf dem Weg in eine bessere, friedliche und demokratische Zukunft", so der Bundesaußenminister in Berlin.
Ähnliche Äußerungen kamen aus allen deutschen Parteien. "Unter Umständen werden sich die Kräfte, die sich bis jetzt loyal zu Gaddafi verhalten haben, dem Übergangsrat annähern. Zumindest ist das mein Wunsch", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich. Fraktionsvize Gernot Erler bedauert, dass Gaddafi nicht mehr vor Gericht gestellt werden kann. "Leider ist mit Gaddafis Tod der Weg für eine juristische Aufarbeitung seiner Verbrechen nicht mehr möglich. Für die Opfer des alten Regimes wäre dies ein wichtiges Signal gewesen", so Erler.
Hoffentlich keine Racheakte
Auch die Grünen hoffen auf ein baldiges Ende der Gewalt in Libyen. Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Volker Beck gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass Racheakte von Gaddafis getreuen Schergen ausbleiben würden.
Als Reaktion auf den Tod Gaddafis gab es vereinzelt auch noch einmal Kritik an der deutschen Enthaltung im Weltsicherheitsrat bei der Abstimmung über den Nato-Einsatz gegen das Gaddafi-Militär. Die Bundesregierung müsse ihr Abstimmungsverhalten bei den Vereinten Nationen künftig besser überdenken, forderte der SPD-Politiker Mützenich. Auch der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Philipp Mißfelder, sagte in seiner Reaktion auf den Tod Gaddafis, die Entscheidung damals sei falsch gewesen.
Andererseits müsse er feststellen, dass sich Deutschland bei der vorangegangenen Annäherung des Westens an den libyschen Machthaber positiv hervorgetan habe, so Mißfelder. "Ich bin froh, dass die Bundeskanzlerin immer Distanz gewahrt hat. Also sie ist nicht ins Zelt von Gaddafi gekrochen und sie hat ihn auch nicht vor dem Kanzleramt in Berlin sein Zelt aufschlagen lassen", so der CDU-Politiker. Wie selbstverständlich sei Gaddafi plötzlich ein Freund des Westens gewesen. Auch er vertrete die These, dass Wandel durch Annäherung besser ist als per se Konfrontation. "Aber man hätte doch die eine oder andere Umarmung nicht machen müssen", so Mißfelder.
Aus allen Parteien ist zu hören, dass Deutschland und Europa jetzt besonders gefragt seien, Libyen solidarisch zur Seite zu stehen und beim Wiederaufbau zu helfen. Es sei gut, so der SPD-Außenpolitiker Mützenich, dass die Bundesregierung humanitäre Hilfe leiste. Deutschland müsse zudem versuchen, noch enger mit dem Übergangsrat zusammenzu arbeiten.
Libyens Nachbarländer nicht vergessen
Mützenich erinnerte aber auch daran, die Nachbarländer Libyens nicht zu vergessen. "Jetzt am Sonntag wählt Tunesien, demnächst Ägypten, das verdient eine große Aufmerksamkeit und ich erhoffe mir, dass möglicherweise eine Stabilisierung der Lage in Libyen auch Auswirkungen auf die Nachbarländer hat", erklärte der SPD-Politiker.
Der außenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Thomas Silberhorn, sagte in einer Stellungnahme, es gebe nun auch eine hohe Verantwortung aller relevanten Akteure in Libyen, den Übergang friedlich zu gestalten und das libysche Volk in seiner Gesamtheit darin einzubeziehen. Notwendig sei ein Prozess der nationalen Aussöhnung, der nach dem Tod Gaddafis zügig eingeleitet werden müsse.
Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Andrea Lueg / Christian Walz