Bericht: Migranten strömen weiter nach Libyen
16. Juli 2017Die Zeitung "Welt am Sonntag" verweist auf einen Bericht des "Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrums illegale Migration" (GASIM), wonach sich trotz der desolaten Verhältnisse für Migranten in Libyen weiterhin viele auf den Weg in das nordafrikanische Land machten. Vor allem Menschen aus Ostafrika würden auf ihrem Weg nach Europa in libyschen Lagern von Schleusern ausgebeutet, analysieren die Experten des GASIM, eines Zusammenschlusses mehrerer deutscher Sicherheitsbehörden, der seinen Sitz beim Bundespolizeipräsidium in Potsdam hat.
Anfang des Jahres hatte die "Welt am Sonntag" berichtet, dass deutsche Diplomaten die Zustände in bestimmten libyschen Flüchtlingslagern intern als "KZ-ähnlich" beschrieben hätten. Dort würden "allerschwerste, systematische Menschenrechtsverletzungen" begangen. "Exekutionen nicht zahlungsfähiger Migranten, Folter, Vergewaltigungen, Erpressungen sowie Aussetzungen in der Wüste sind dort an der Tagesordnung", hieß es im Bericht. Die Bundesregierung setzt sich mittlerweile verstärkt dafür ein, die Situation in diesen Unterkünften zu verbessern.
Italien fordert mehr Solidarität
In diesem Jahr kamen bereits fast 89.000 Migranten über das Mittelmeer nach Italien. Das ist ein Fünftel mehr als im Vorjahreszeitraum. Rund 95 Prozent wählten die Route über Libyen. Etwa drei Prozent der Menschen, die in Italien ankamen, brachen in der Türkei auf. Dagegen fahren aus Ägypten kaum noch Boote mit Flüchtlingen ab. Die italienische Regierung sieht sich an der Belastungsgrenze und verlangt eine stärkere Unterstützung der EU-Staaten bei der Versorgung der Flüchtlinge. Zudem besteht sie darauf, dass auch andere EU-Länder ankommende Flüchtlinge aufnehmen.
Derzeit erwägen die EU-Staaten, die Vermögen libyscher Schleuserbanden einzufrieren und deren Mitglieder mit Einreiseverboten zu belegen. Bei einem Außenministertreffen in Brüssel sollen Experten am Montag den Auftrag bekommen, eine rechtliche Grundlage für solche Strafmaßnahmen vorzubereiten. Das meldete die Deutsche Presse-Agentur am Freitag. "Die EU ist bereit, gegen all diejenigen vorzugehen, die für schwere Menschenrechtsverstöße verantwortlich sind", heißt es in einem Papier, das bei dem Ministertreffen erörtert werden soll.
Härteres Vorgehen gegen Schleuser?
Die geplanten EU-Sanktionen sollen den Menschenschmuggel in Richtung Europa vor allem für einflussreiche Libyer unattraktiver machen. Manche der mutmaßlichen Drahtzieher besitzen nach Angaben von Diplomaten erhebliche Vermögen und auch Immobilien in EU-Staaten. Zudem sollen sie in der Vergangenheit zu Einkaufstouren oder medizinischen Behandlungen in EU-Staaten gereist sein. Nach Zahlen der EU wurden in Libyen allein im vergangenen Jahr mindestens 1,6 Milliarden US-Dollar mit Schleuserkriminalität verdient.
Von dem nordafrikanischen Land aus gelangen monatlich im Schnitt mehr als zehntausend Migranten über das Mittelmeer nach Europa. EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte beim G20-Gipfel in Hamburg für UN-Sanktionen gegen Menschenschmuggler geworben, war aber letztlich am Widerstand Russlands und Chinas gescheitert.
kle/mak (kna, afp, dpa, "Welt am Sonntag")