Berlusconi in Minsk
3. Dezember 2009Der belarussische Präsident Aleksandr Lukaschenko hat in Minsk den italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi empfangen. Das war der erste Besuch eines westeuropäischen Politikers solchen Ranges seit Lukaschenko Präsident des Landes ist. Während seines dreistündigen Aufenthalts in Minsk unterzeichnete der italienische Premier gemeinsam mit dem belarussischen Präsidenten drei Abkommen. So wird künftig der italienische Konzern Finmeccanica mit Belarus in den Bereichen Verkehr, Hochtechnologie und Weltraum zusammenarbeiten. Dokumente wurden ferner über eine Zusammenarbeit in der Wirtschaft und Veterinärmedizin unterzeichnet.
Interesse an wirtschaftlicher Kooperation
Der Leiter des Forschungszentrums Strategia, Leonid Saiko, erläuterte, die belarussischen Exporte seien um die Hälfte eingebrochen, und eine weise Wirtschaftspolitik sei nun für alle von Vorteil. Nach Ansicht des Wirtschaftsexperten hat eine unprofessionelle Wirtschaftspolitik in Belarus dazu geführt, dass das Land nur zum Teil in die Weltwirtschaft integriert ist. "Vielleicht werden wir mit Hilfe der EU unsere Fehler schneller begreifen", hofft Saiko.
Italien ist für Belarus der siebtgrößte Handelspartner. Aber die gegenwärtige weltweite Krise könnte dem Warenumsatz zwischen beiden Ländern schaden. Um so zufriedener zeigte sich Lukaschenko mit dem Ausgang der belarussisch-italienischen Gespräche. Er versicherte der italienischen Seite, Belarus sei zu einer ernsthaften Kooperation mit Italien in allen Handelsbereichen bereit. "Wir wollen günstigste Bedingungen schaffen, damit sich eine bilaterale Zusammenarbeit entfalten kann", unterstrich das belarussische Staatsoberhaupt. Lukaschenko betonte ferner, dass es zwischen Belarus und Italien keine Tabuthemen gebe.
Demokratische Werte und politischer Pragmatismus
Allerdings wurden Fragen zu Politik und Demokratie bei dem Treffen nicht angeschnitten. Den Führer der oppositionellen Vereinigten Bürgerpartei, Anatolij Lebedko, überrascht dies nicht. Seiner Meinung nach hat Belarus in Italiens Außenpolitik nie eine große Rolle gespielt. Außerdem habe der italienische Premier in Minsk deutlich gemacht, dass er vor allem eine wirtschaftlich orientierte Politik verfolge. Lebedko sagte, das sei ein schlechtes Signal für Anhänger einer auf demokratischen Werten basierenden Politik.
Gleichzeitig, so der oppositionelle Politiker weiter, stimme der Besuch aber auch diejenigen optimistisch, die meinen, dass die Zeit gekommen sei, mit Belarus absolut pragmatisch umzugehen. Übrigens ist Lebedko der Ansicht, man solle Berlusconis Besuch nicht überbewerten, denn ein Durchbruch in Richtung Europa sei auch nach dem Besuch nicht zu erwarten. Der Oppositionelle stellte fest, dass Belarus zweifelsohne inzwischen mehr Raum in der europäischen Politik einnehme. "Aber es handelt sich vorerst eher um Absichtserklärungen", so Lebedko.
Autor: Natalja Grigorjewa / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann