Belarus: Umstrittene Registrierung der Wahlkandidaten
2. Februar 2006Am 30. Januar hat der Sekretär der Zentralen Wahlkommission von Belarus, Nikolaj Losowik, ein vorläufiges Ergebnis der Unterschriftensammlung der Präsidentschaftskandidaten bekannt gegeben. Um für die Wahl am 19. März zugelassen zu werden, müssen die Kandidaten mindestens 100.000 Unterschriften einreichen.
Den Kampf um das höchste Staatsamt werden wohl vier Bewerber fortsetzen. Aleksandr Lukaschenkos Initiativgruppe reichte Losowik zufolge etwa zwei Millionen Unterschriften ein. Dem Führer der Liberaldemokratischen Partei, Sergej Gajdukewitsch, und dem Führer der Belarussischen Sozialdemokratischen Partei "Gramada", Aleksandr Kosulin, sei es gelungen, jeweils etwa 150.000 Unterschriften zu sammeln. Das Team des Kandidaten der vereinigten Opposition, Aleksandr Milinkewitsch, habe etwa 200.000 Unterschriften vorgelegt.
Bis zum 21. Februar sollen die Unterschriften nun gemäß der Gesetzgebung von der Zentralen Wahlkommission geprüft werden. Der Vorsitzende der Kommission, Losowik, meint aber, dass die Zulassung der Präsidentschaftskandidaten schon früher, zwischen dem 16. und 19. Februar, abgeschlossen sein könnte.
Beschwerden nur von Oppositionskandidaten?
Die Unterschriftensammlung verlief nach Losowiks Ansicht "frei und praktisch konfliktfrei". Dem stimmt aber die belarussische Opposition nicht zu. Milinkewitschs Wahlstabsleiter Sergej Kaljakin ließ mitteilen: "Wir beobachten heute nichts anderes als eine Strafsache, ein Verbrechen der Staatsmacht." Losowik hingegen erklärte, bei der Zentralen Wahlkommission sei keine einzige Bürgerbeschwerde gegen die Staatsmacht eingegangen. Beschwerden habe es nur seitens der Wahlstäbe der oppositionellen Kandidaten gegeben.
Das Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Aleksandr Wojtowitsch, und der Chef der Konservativ-christlichen Partei Belarussische Volksfront, Senon Posnjak, lehnten eine weitere Teilnahme am Wahlkampf ab, aus Protest gegen unfaire Spielregeln. Der unter Arrest stehende Sergej Skrebez zog seine Kandidatur zugunsten von Aleksandr Kosulin zurück. General Walerij Frolow reichte zwar Unterschriften ein, aber nur etwa die Hälfte der benötigten Anzahl von 100.000.
Empörung nach Lukaschenko-Interview
Die Gegner der Staatsmacht beschweren sich außerdem über ein 1,5 Stunden langes Interview mit Präsident Lukaschenko, das am 27. Januar von drei belarussischen Fernsehsendern ausgestrahlt wurde. Darin hatte Lukaschenko seinen Konkurrenten vorgeworfen, vom Westen Geld zu erhalten, um im Lande Unruhe zu stiften. Anatolij Lebedko von der vereinigten Opposition legte gegen Lukaschenkos Behauptungen Beschwerde bei der Zentralen Wahlkommission ein. Milinkewitschs Vertreter fordert, ein Verfahren wegen Verbreitung falscher Tatsachen einzuleiten, Lukaschenko eine weitere Teilnahme an den Wahlen zu untersagen oder den anderen Kandidaten eine ebensolche Möglichkeit zu geben, im Fernsehen aufzutreten.
Sergej Pantschenko
DW-RADIO/Russisch, 30.1.2006, Fokus Ost-Südost