Bayern zeigen bekannte Schwächen
17. Februar 2019"Mit dem Spielaufbau war alles super. Die Gegentore waren natürlich der Wahnsinn. Wir wollten gut verteidigen, das haben wir nicht geschafft", sagte Kapitän Manuel Neuer nach dem 3:2-Sieg beim FC Augsburg im Eurosport-Interview und fügte an: "Liverpool ist eine offensivstarke Mannschaft. Da müssen wir besser stehen."
Wollen die Bayern im Achtelfinal-Hinspiel der Königsklasse am Dienstag (21.00 Uhr/ ab 20:45 im DW-Liveticker) bei den Reds bestehen, müssen sie sich vor allem im Abwehrverhalten erheblich steigern, um an der berühmten Anfield Road gegen Mo Salah und Co. nicht ein böses Erwachen zu erleben.
Goretzka erzielt frühestes Bundesliga-Eigentor
In Augsburg lagen die Bayern nach nur 13 (!) Sekunden bereits in Rückstand. Nach einer Schlafmützigkeit von Joshua Kimmich flankte Philipp Max, der Ball prallte von Leon Goretzka ins eigene Tor. Torwart Neuer, der nach seiner Daumenverletzung zurückkehrte, war machtlos. Es war das schnellste Eigentor der Bundesliga-Geschichte.
Damit hatte sich das erste Münchner Ziel des Abends gleich erledigt. Auch im sechsten Pflichtspiel des Jahres stand hinten erneut nicht die Null.
Träge, unkonzentriert und uninspiriert
Dass es sich nicht lediglich um einen Schönheitsfehler handelte, wurde im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit deutlich. Die Münchner Abwehrschwächen waren geradezu frappierend. Das Kovac-Team wollte vor dem Duell mit Klopp offenbar keine Kräfte vergeuden und agierte träge, unkonzentriert und uninspiriert.
Die Quittung gab es entsprechend bei der erneuten Augsburger Führung, als die nächste Hereingabe von Max diesmal - auch durch das behäbige
Auftreten von Niklas Süle - den Koreaner Ji fand, der den Ball ins Tor drosch. Wieder war Neuer, der sich ansonsten kaum auszeichnen konnte, chancenlos.
Kovac: "Mein Bart wird immer grauer"
Es sind Fehler, die Kovac seit Wochen kritisiert und die sich wie ein roter Faden durch die Saison ziehen. Mit solch einer Leistung sei in Liverpool nichts zu holen, bestätigte der Bayern-Trainer dann auch selbstkritisch nach dem Abpfiff bei Eurosport: "Wir sind schlecht ins Spiel gekommen, hatten immer wieder Probleme, das war sehr ärgerlich."
Angesichts solcher Abwehrschwächen, die die Bayern offenbar nicht abstellen können, dürfte ihnen angesichts der nun wartenden Aufgaben gegen den FC Liverpool, den aktuellen Tabellenführer der Premier League, das Überleben in der Champions League überaus erschweren.
"Mein Bart wird immer grauer. Wir erklären und predigen es im Training immer wieder", hatte Trainer Niko Kovac schon letzte Woche nach dem Sieg über Schalke 04 gesagt, angesichts der oft dilettantischen Fehler im Abwehrverhalten schon leicht konsterniert. Zur Not müsse man eben "auch mal ein taktisches Foul ziehen, wenn man den Ball nicht erobern kann", schimpfte Kovac.
Hummels und Boateng suchen ihre Form
Die Problemstellen der Bayern sind relativ schnell ausgemacht. Die beiden Weltmeister von 2014, Mats Hummels und Jerome Boateng, laufen in dieser Saison ihrer Form weit hinterher. Bildeten sie zu ihrer Bestzeit noch ein wahres Abwehrbollwerk, welches weltweit geachtet wurde, traten die Geschwindigkeitsdefizite von Hummels bei der Finalniederlage im DFB-Pokal im Mai 2018 besonders schmerzhaft zu Tage.
Ausgerechnet der heutige Bayern-Trainer Niko Kovac, damals noch in Diensten des Endspielgegner Eintracht Frankfurt, hatte den Nationalverteidiger als Schwachstelle ausgemacht und wollte ihn mit überfallartigen Konterzügen überwinden. Das 2:1 von Ante Rebic lief genau nach diesem Muster ab. Hummels konnte dem Kroaten nicht mehr folgen.
Neuer Schwächen verunsichern seine Vorderleute
Auch Jerome Boateng sucht seit Monaten seine Bestform, teilweise durch Verletzungen außer Gefecht gesetzt, hat er seinen Stammplatz an Niklas Süle verloren. Frustriert vom Dasein auf der Bank, hegt der Nationalspieler Wechselabsichten. Es ist relativ offensichtlich, dass der FC Bayern sich von mindestens einem seiner einstigen Vorzeige-Innenverteidiger zum Saisonende trennen wird.
Hinzu kommt, dass auch der einstige Welttorhüter Manuel Neuer nicht auf der Höhe ist. Stand er gegen Augsburg nach dreiwöchiger Verletzungspause wieder von Beginn an in der Startelf, zeigte er dort bei einem "Flatterball" von Ji ungewohnte Schwächen. Auch das strahlt natürlich auf eine verunsicherte Hintermannschaft negativ ab.
Einen Zerstörer sucht man vergeblich
Und im defensiven Mittelfeld agieren die eher offensiv orientierten Leon Gorentza und Thiago. Einen Zerstörer suchte man gegen Augsburg vergeblich.
Kovac hat aber eventuell noch ein "Ass" im Ärmel. Javi Martinez ist vielseitig einsetzbar. Er ist enorm zweikampf- und kopfballstark, kann das Spiel einleiten und erobert viele Bälle. Neben Süle kann der Spanier vielleicht das entscheidende Scharnier sein, um für die Schlacht von Anfield gewappnet zu sein.