Bayern: Wie geht es Hotels und Gaststätten im Lockdown?
3. November 2020Die kleinen, goldenen Haken, die in vier Reihen hinter der Rezeption angebracht sind, geben ein passendes Symbol für das ab, was gerade im Hotel München Palace passiert. An den allermeisten Haken hängt ein Zimmerschlüssel. Nur 18 Gäste sind noch in dem Fünf-Sterne-Hotel im edlen Münchner Stadtteil Bogenhausen, und das in einem Hotel mit 89 Zimmern. Es ist Montagvormittag, kurz nach 10 Uhr und es ist Tag eins, an dem wieder strengere Corona-Regeln gelten, die sich für Hotels und Gastronomen nicht wirklich nach einem Lockdown "light" anfühlen.
Am vergangenen Mittwoch verständigten sich Bund und Länder darauf, dass in Deutschland von dieser Woche an wieder weitreichende Maßnahmen wegen der Corona-Pandemie gelten. Dazu gehört auch, dass die Restaurants nur noch Speisen liefern oder zum Abholen anbieten und Hotels keine touristischen Übernachtungen mehr ermöglichen dürfen. Es sind ähnliche Regelungen, wie sie schon im Frühjahr zu Beginn der Krise galten. In Bayern bedeutet das: Mit Beginn der Herbstferien mussten am Montagvormittag die letzten Touristen ihr Zimmer räumen. Auch im Hotel München Palace.
Hoteldirektor Kay Oliver Heller erinnert sich noch genau an die für ihn so unheilvolle Pressekonferenz vom vergangenen Mittwoch, die er gemeinsam mit Kollegen am Fernseher in der Hotelbar verfolgt hat. "Frau Merkel war noch auf dem Bildschirm zu sehen, als schon die ersten Gäste anriefen, um zu fragen, ob sie jetzt noch zu uns kommen dürfen", berichtet er. Seitdem stornierten entweder die Hotelgäste selbst ihren Aufenthalt oder Heller und seine Kollegen telefonierten sie nacheinander ab, um all jenen abzusagen, die Urlaub in München machen wollten. "Es ist ein ganz schlimmes Gefühl, Gäste enttäuschen und sich das eigene Geschäft vermiesen zu müssen", sagt Heller. Beim bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) findet man die neuen Maßnahmen "weder geeignet noch verhältnismäßig".
Gerade in den Städten bleiben während der Krise die Gäste aus
In großen Städten wie München hatten es die Hotels in den vergangenen Monaten ohnehin besonders schwer: Die sonst für Kurztrips so beliebten Metropolen mit ihren belebten Einkaufsstraßen und teils voll besetzten öffentlichen Verkehrsmitteln schrecken viele Menschen während der Pandemie eher ab. "Die Krise hat uns brutal getroffen", sagt Heller. Knapp ein Drittel der Zimmer sei im Sommer durchschnittlich belegt gewesen. "Damit standen wir verglichen mit anderen Hotels in der Stadt sogar noch ganz gut da."
Rund 50 Kilometer südlich von München, im eher ländlich im Voralpenland gelegenen Bad Aibling: Jost Deitmar blickt dort trotz COVID-19 auf einen ordentlichen Sommer zurück. "Wir waren zwar nicht auf Vorjahresniveau, aber das Unternehmen befand sich deutlich im Aufwind", sagt der Hotelier, der seit zwei Jahren das Romantik-Hotel "Das Lindner" betreibt. Doch seit die Bundeskanzlerin vor gut zwei Wochen vor Reisen warnte, seit das Land über Beherbergungsverboten diskutierte, da sei "die nächste Stornowelle über uns hereingebrochen", berichtet Deitmar. Den erneuten Teil-Lockdown beschreibt er als Déjà-vu - "und zwar kein schönes."
Auch Restaurants sind vom "Lockdown light" betroffen
Die Hoteliers, die auch ein Restaurant betreiben, trifft der erneute Lockdown doppelt. Die Kuffler Gruppe, zu der das Hotel München Palace gehört, unterhält auch mehrere Restaurants und Gastronomiebetriebe an Flughäfen. Was nicht ohnehin schon durchgängig seit März geschlossen war, muss jetzt erneut dicht machen oder auf Take-Away-Betrieb umstellen. Das Club Sandwich gibt es jetzt zum Mitnehmen. Auch Jost Deitmar ist Hotelier und Gastronom. Jetzt, da er die Restaurants schließen muss, verkaufen seine Mitarbeiter an der Rezeption einige Gerichte zum Mitnehmen. Was ihn und andere Hoteliers ärgert: "Wir haben zu Beginn der Pandemie ein ausgeklügeltes und sehr kostspieliges Hygienekonzept erarbeitet und peinlich genau auf die Umsetzung geachtet." Er und seine Mitarbeiter hätten Flächen desinfiziert, Abstände geschaffen, Scheiben aufgestellt. "Und jetzt werden wir trotzdem bestraft."
Der bayerische Ministerpräsident verteidigte seine Strategie am vergangenen Freitag in seiner Regierungserklärung: Es sei "eine bittere Pille", aber "geeignet und verhältnismäßig", in den kommenden Wochen generell alle Kontakte reduzieren zu müssen - vor allem im Freizeitbereich. Die Priorität liege darauf, Schulen und Kitas nicht wieder schließen zu müssen.
Ein paar Hotelgäste bleiben
Trotz der neuen Anti-Corona-Maßnahmen werden weder Kay Oliver Heller in München noch Jost Deitmar in Bad Aibling ganz ihre Türen schließen. Denn wer "glaubhaft notwendige" Gründe vorbringen kann, darf gemäß aktueller bayerischer Verordnung weiterhin im Hotel übernachten. Ein solcher Grund kann eine Dienstreise sein, aber auch ein anstehender Klinikaufenthalt. Trotzdem bedeutet die veränderte rechtliche Lage, dass Hoteldirektor Heller die meisten seiner Mitarbeiter wieder in Kurzarbeit schicken muss. Auslaufende Verträge konnte er nicht verlängern. "Ich hoffe, dass wir den Betrieb in vier Wochen wieder hochfahren können", sagt er, "aber ich frage mich, wie viele Touristen nach München kommen werden, wenn alle Weihnachtsmärkte abgesagt sind."
Beim DEHOGA Bayern hofft man jetzt, dass die von Bund und Ländern angekündigten Entschädigungsleistungen von bis zu 75 Prozent des Vorjahresumsatzes "schnell und unbürokratisch" ankommen. Bis dahin ist es die Unterstützung der verbliebenen Kunden, die den Hoteliers Mut macht. "Am Wochenende waren die Restaurants noch mal voll", sagt Jost Deitmar.