Bayern beteiligt sich an Quelle-Bürgschaft
19. Juni 2009Für das insolvente Versandhaus Quelle wollen die Banken an diesem Freitag (19.06.2009) die von tausenden Beschäftigten ersehnte vorübergehende Rettung auf den Weg bringen. Bei einem nächtlichen Krisentreffen in der bayerischen Staatskanzlei sagten die Banken am späten Donnerstagabend zu, bis zum Vormittag eine Lösung auszuarbeiten, die dem Versandhaus die dringend nötigen frischen Kredite sichert. Auch der Staat will in diesem Fall helfen. Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sagte die Beteiligung an einer geplanten 50-Millionen-Euro-Bürgschaft von Bund und Ländern zu. Ohne das Geld kann Quelle nicht den neuen Katalog drucken - dafür sind 20 bis 25 Millionen Euro notwendig.
Bund und Länder teilen sich die Staatsbürgschaften je zur Hälfte. Im Falle von Quelle sind zwei Bundesländer mit Quelle-Standorten beteiligt - Bayern und Sachsen. Von den 25 Millionen Länderanteil würden nach Angaben aus bayerischen Regierungskreisen voraussichtlich etwa 20 Millionen auf Bayern entfallen und die restlichen fünf Millionen auf Sachsen. Den Ausschlag gibt die Zahl der Mitarbeiter. Die Bürgschaft soll als Sicherheit dienen, damit die Banken der Essener Valovis-Bank wieder Kredite gewähren. Die Valovis-Bank hatte bislang die Finanzgeschäfte für Quelle erledigt, braucht aber nach der Insolvenz des Mutterkonzerns Arcandor dringend eine Bürgschaft über 50 Millionen Euro.
Kein Geld für Kataloge
Ohne Valovis könnte Quelle aber auch den Druck des Winterkatalogs nicht finanzieren, der bis spätestens Anfang nächster Woche unter Dach und Fach sein muss. Quelle sei von großer Bedeutung für die bayerische Wirtschaft, sagte CSU-Fraktionsvize Karl Freller. Das Fürther Versandhaus habe 700 Zulieferbetriebe im Freistaat. "Nach Amazon und eBay ist Quelle inzwischen auf Platz drei im Internethandel", sagte Freller.
Derweil hat der Versandhauskonzern Otto bekräftigt, kein Interesse an Konkurrent Quelle zu haben. "Wir glauben nicht, dass die Sanierung von Quelle erfolgreich möglich ist", sagte Otto-Chef Hans-Otto Schrader. Für den Umbau eines Versandhandelsunternehmens seien drei bis fünf Jahre erforderlich, diese Zeit habe Quelle nicht. Dagegen wäre Otto an anderen Teilen des Arcandor-Konzerns interessiert. Der Hamburger Familienkonzern mit einem Jahresumsatz von über zehn Milliarden Euro und weltweit knapp 50.000 Beschäftigten betreibt unter der Marke Sport-Scheck mehrere Sporthäuser und will diesen Bereich ausbauen.
Karstadt sichert Weihnachtsgeschäft
Bei der anderen Arcandor-Tochter Karstadt ist nun zumindest die Finanzierung des Weihnachtsgeschäfts wohl gesichert. Karstadt hat nach Angaben des vorläufigen Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg genug Geld für den laufenden Geschäftsbetrieb. Das Unternehmen benötige dafür keinen Massekredit, teilte Görg mit. Für die rund 50.000 Mitarbeiter der von der Insolvenz betroffenen Arcandor-Gesellschaften ist die Zukunft trotz der Hoffnungsschimmer weiter unklar. "Es wird natürlich auch betriebsbedingte Kündigungen geben", kündigte Görg an. Details nannte er nicht. Nach Angaben des Essener Amtsgerichts wurden für das Unternehmen bisher insgesamt 22 Insolvenzanträge gestellt, darunter für die Muttergesellschaft Arcandor AG und 21 Töchter.
Weitere Insolvenzanträge seien nicht auszuschließen, sagte Görg. Insgesamt bestehe Arcandor aus einem Netz von mehreren hundert Gesellschaften. Pläne für eine Zerschlagung des Unternehmens oder für "Blitz-Verkäufe" verfolge er im Rahmen des vorläufigen Insolvenzverfahrens nicht.
Nur geringe Schwierigkeiten erwartet Görg nach ersten Gesprächen mit den rund 24.000 Lieferanten des Warenhausunternehmens Karstadt. Im laufenden Monat Juni liege Karstadt mit den Umsätzen über den Zahlen des Vorjahres und über dem Plan. "Wir stellen fest, dass die Kunden mit den Füßen abstimmen", sagte er. Am kommenden Montag sei ein Treffen mit den Vermietern der Karstadt-Warenhäuser geplant. (ina/win/dpa/afp)