Baskische ETA will sich entwaffen
7. April 2017Die ETA, die während der Franco-Diktatur 1959 ihren bewaffneten Kampf für die Unabhängigkeit des Baskenlandes aufnahm und für den Tod von 829 Menschen verantwortlich gemacht wird, will an diesem Samstag ihre letzten Waffenlager preisgeben. Dies soll bei einer "großen Volksversammlung" im südfranzösischen Bayonne durch "Friedensboten" geschehen, heißt es in einem von dem britischen Sender BBC veröffentlichten Brief der ETA.
Dem Vernehmen nach geht es um 130 Waffen und zwei Tonnen Sprengstoff, die vor allem auf französischem Gebiet gelagert sind. Die Vorbereitungen für die "totale Entwaffnung" der ETA liefen im Geheimen. Aus dem Umfeld der baskischen Nationalisten war lediglich zu hören, die Preisgabe der Waffen werde "außerhalb von Bayonne" unter "gesicherten Bedingungen" stattfinden. "Die Tausenden Menschen, die morgen in Bayonne zur Unterstützung der Entwaffnung zusammenkommen werden, sind die Garantie dafür, hier vorwärtszukommen", heißt es weiter. Die Verhandlungen mit den französischen Behörden liefen bis zuletzt.
Der französische Premierminister Bernard Cazeneuve hatte nach einer ersten Ankündigung der ETA am 20. März gesagt, das Verfahren müsse nach den "Regeln des Rechtsstaats" ablaufen, zuständig sei die Anti-Terror-Abteilung der Staatsanwaltschaft in Paris. Polizei und Sprengstoffexperten sind nun einsatzbereit.
Seit Jahrzehnten beschäftigt die ETA (baskisch: Euskadi Ta Askatasuna, Baskenland und Freiheit) die Sicherheitskräfte und die Justiz in Spanien und Frankreich. In der EU ist sie als Terrororganisation eingestuft. Bei ihrem letzten Anschlag wurde 2010 ein französischer Polizist getötet. 2011 erklärte die Organisation dann ihren bewaffneten Kampf für beendet.
Die Organisation wurde in den vergangenen Jahren durch die Festnahme Hunderter Mitglieder und die Aushebung zahlreicher Waffenverstecke stark geschwächt. Inzwischen soll es nur noch rund 30 ETA-Mitglieder geben. Ihr letzter Kampf gilt dem Schicksal der rund 360 Häftlinge, die wegen der ETA-Taten - teils fern der Heimat - inhaftiert sind. Die verbleibenden Aktivisten wollen für sie Hafterleichterungen, Strafnachlässe oder Entlassungen auf Bewährung erreichen.
Eine wichtige Rolle hat hinter den Kulissen offenbar die sozialistische französische Senatorin Frédérique Espagnac gespielt, eine Vertraute von Präsident François Hollande. "Die Entwaffnung ist unverzichtbar, um das Kapitel der Gewalt im Baskenland abzuschließen", sagt Espagnac. "Dabei müssen die rechtsstaatlichen Regeln beachtet werden."
Die konservative spanische Regierung ist bei ihrer altbekannten Position geblieben. Innenminister Juan Ignacio Zoido erklärte, für die ETA gebe es "nur einen Weg - ihre Auflösung, die Waffenübergabe, Reue und Entschädigung für alle Schäden". Die Parteien des Baskenlandes haben - bis auf die konservative Volkspartei - gemeinsam dazu aufgerufen, der ETA "Glaubwürdigkeit" zuzugestehen, um ein "Kapitel der Vergangenheit zu schließen" und eine "Zukunft des Zusammenlebens" aufzubauen.
ETA-Opfer wollen deren Gewalttaten aber nicht vergessen. Eine Opfervereinigung sammelte in kürzester Zeit mehr als 4500 Unterschriften für einen Aufruf, in dem es heißt, die "mediatisierte Waffenübergabe" gehöre ins Reich der "Propaganda" und der "Selbst-Reinwaschung". Die Unterzeichner wiesen das Ansinnen zurück, von den "Opfern des Terrorismus Großherzigkeit zu erwarten" und verlangten von der ETA eine "Verurteilung der terroristischen Vergangenheit".
Anti-Terror-Experten halten die ETA ohnehin für eine Organisation, die "im Sterben liegt". Spanische Zeitungen berichteten dieser Tage sogar, die Selbstauflösung könnte kurz bevorstehen. Der Irrtum der ETA war es nach Ansicht der Sicherheitsexperten, dass sie nicht ihrem langjährigen Vorbild folgte, der irischen Untergrundorganisation IRA. Diese hatte das Ende des bewaffneten Kampfes und die Wiedereingliederung ihrer Mitglieder in die Gesellschaft ausgehandelt.
stu/ml (afp, dpa, rtr)