1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bankenunion noch Jahre entfernt

Bernd Riegert13. Dezember 2012

Auf die EU wartet noch eine Menge Arbeit, bis eine richtige Bankenunion arbeiten kann. Neben der Aufsicht sind verschiedene Finanzierungsinstrumente hoch umstritten.

https://p.dw.com/p/16TRU
Bankautomat (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Eine Erkenntnis aus der Schuldenkrise in der Euro-Zone lautet: Eine Währungsunion braucht auch eine Bankenunion. So beschlossen beim EU-Gipfel im Juni in Brüssel. Zur gemeinsamen Bankenunion der Europäer gehört als erster Schritt eine gemeinsame zentrale Aufsicht über die Banken. Dann braucht man Mittel, um marode Banken im Notfall mit frischem Kapital auszustatten. Zusätzlich wird ein Verfahren, um Banken geordnet pleite gehen zu lassen und abzuwickeln, benötigt. Für diesen Fall ist auch ein gemeinsamer Fonds der Banken nötig, mit dem sie gegenseitig für die Einlagen der Sparer haften. Diese Methoden zur Steuerung der Banken gibt es in einigen Mitgliedsstaaten der Euro-Zone, aber noch nicht in allen. Die EU möchte das zentral organisieren, weil 27 unterschiedliche Behörden weniger schlagkräftig und unabhängig sein sollen als eine europäische Superaufsicht.

"Noch nicht über den Berg"

Der beschlossene Fahrplan für eine Bankenaufsicht, die 2014 ihre Arbeit aufnehmen soll, ist nur der erste Schritt auf einem noch langen Weg zur vollständigen Bankenunion, glaubt der politische Analyst Janis Emmanouilidis von der Denkfabrik European Policy Centre in Brüssel. "Das heißt noch lange nicht, dass man über den Berg ist. Es wird vor allem darum gehen, die fundamentalen Defizite in der Wirtschafts- und Währungsunion, das Ungleichgewicht zwischen einer Währungsunion und einer unfertigen Wirtschaftsunion zu beseitigen", sagte Emmanouilidis der Deutschen Welle. "Da hat man sich an die Arbeit gemacht, aber das wird sicher noch länger dauern. Und die Umsetzung umso mehr."

Bundeskanzlerin Angela Merkel räumte nach dem Gipfeltreffen im Oktober in Brüssel ein, dass die Bankenunion noch lange nicht fertig ist: "Wenn wir die Bankenaufsicht haben und wenn wir die direkte Rekapitalisierung wollen, dann muss man natürlich auch einen Abwicklungsfonds für Banken haben, der auch aus Elementen der Banken gespeist werden muss. Also auch hier ist noch Arbeit zu leisten." In den Abwicklungsfonds und in einen Garantiefonds für Spareinlagen sollen die Banken selbst einzahlen. Der Aufbau dieser Einlagensicherung würde aber Jahre dauern. Denkbar wäre auch eine Kombination von bereits existierenden Feuerwehr-Fonds in einigen Nationalstaaten. Die Bundesregierung ist aber bislang dagegen, dass mit den Geldern bayerischer Sparkassen zum Beispiel die Einlagen andalusischer Pleitebanken abgesichert werden.

Angela Merkel in Brüssel (Foto: dapd)
Angela Merkel: "Wir brauchen Mehrwert"Bild: dapd

Bankenunion nur für gesunde Geldhäuser

In der Bankenunion sollen alle 6000 Banken der Europäischen Union nach 2014 zusammengefasst werden. Allerdings gibt es Streit darüber, welche Banken überhaupt unter die Aufsicht der Bankenunion gestellt werden sollen: Nur die gesunden liquiden Geldhäuser oder auch die maroden Banken, die sich in Spanien, Irland, Slowenien oder Griechenland verspekuliert haben. Janis Emmanouilidis, Politik-Experte in Brüssel, sieht da noch erhebliches Konfliktpotential. "Zentrale Spieler wie Deutschland, Finnland und die Niederlande haben angekündigt, dass Unterstützung direkt an Banken nur für die Banken gewährleistet wird, die nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft in Schwierigkeiten geraten. Man hat versucht, die Altlasten von künftigen Problemen zu entkoppeln. Da findet eine erhebliche Diskussion statt zwischen den sogenannten Geberländern Deutschland, Finnland, Niederlande auf der einen Seite und potenziellen Nehmerländern wie Spanien", sagte Emmanouilidis.

Bankentürme in Frankfurt am Main (Foto: dpa)
Mitten im Frankfurter Bankenviertel entsteht der Neubau der Europäischen Zentralbank. Dort könnte auch die Bankenaufsicht einziehen. Nah am Kunden.Bild: picture-alliance /dpa

"Das braucht Zeit"

Spanien und Italien hatten eigentlich darauf gedrungen, dass ihre Banken schnell durch den gemeinsamen Rettungsfonds ESM rekapitalisiert werden können, sobald die Bankenaufsicht, also die erste Stufe der Bankenunion, eingerichtet wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel wies aber darauf hin, dass man erst einmal bei der Europäischen Zentralbank eine neue Behörde mit Hunderten Mitarbeitern aufbauen müsse: "Schon allein vom praktischen Ablauf ist doch vollkommen klar, dass das nicht innerhalb von eineinhalb Monaten zu regeln ist. Und deshalb haben wir einfach gesagt, das muss qualitativ gut sein, das muss funktionieren. Es muss ein Mehrwert erkennbar sein gegenüber dem, was wir heute schon haben", sagte Merkel nach dem EU-Gipfel in Brüssel.

Rechtliche Hürden

Vor dem Inkrafttreten der Bankenaufsicht und den nächsten Stufen der Bankenunion müssen auch noch eine Reihe von rechtlichen Fragen ausgeräumt werden. Wie kann sichergestellt werden, dass es zwischen den bisherigen Aufgaben der Europäischen Zentralbank und der neuen Aufsicht eine klare Trennung gibt. Wie werden Staaten, die den Euro nicht als Währung haben, an den Entscheidungen der Bankenaufsicht beteiligt? Welches Gericht soll die Entscheidungen der Bankenaufsicht prüfen. Welches Parlament ist für die Kontrolle zuständig? Und dann sind da noch die Sonderfälle Großbritannien und Dänemark. Diese beiden EU-Staaten wollen den Euro auf keinen Fall einführen, aber trotzdem an der Bankenunion teilnehmen. Großbritannien möchte vor allem die Aufsicht über seine Banken national behalten und den Finanzplatz London nicht geschwächt wissen.  Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, steht der Bankenunion skeptisch gegenüber. Er befürchtet zu viel zentrale Gängelung für seine Sparkassen durch eine "nicht ausreichend arbeitsfähige Mammutbehörde". Die in öffentlichem Besitz befindlichen Sparkassen sollen anders als private Banken allerdings nicht so stark beaufsichtigt werden, weil von ihnen weniger Risiken ausgehen.