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Bahrains Regierung geht gegen Schiiten vor

9. September 2010

In Bahrain eskaliert der Konflikt zwischen dem sunnitischen Königshaus und schiitischen Gruppierungen. In sieben Wochen stehen in dem Inselstaat am Persischen Golf Parlamentswahlen an.

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(Foto: AP)
König Hamad bin Isa Al-ChalifaBild: AP

Sieben Wochen vor dem Urnengang haben sich die Spannungen in dem Kleinstaat vor der Saudi-Arabischen Küste dramatisch verschärft. Grund ist die Anklage der obersten Strafverfolgungsbehörde gegen 23 schiitische Aktivisten, denen die Gründung einer terroristischen Vereinigung zum Sturz der sunnitisch geprägten Regierung vorgeworfen wird. König Hamad bin Isa al-Chalifa richtete sich in einer Rundfunkansprache an die Bevölkerung und erklärte: "Wir haben sie beobachtet und ergreifen die notwendigen juristischen Schritte gegen sie." Gleichzeitig rief er seine Landsleute auf, "den Graben zwischen den verschiedenen Religionsgruppen zu schließen." Bis zu 250 Personen sollen bereits Mitte August wegen Störung der öffentlichen Sicherheit verhaftet worden sein. Die Razzia erfolgte nach einer Serie gewaltsamer Proteste von Schiiten, die der Regierung Diskriminierung vorwerfen.

Kein rein religiöser Konflikt

Die Skyline der Hauptstadt Manama in Bahrain (Foto: dpa)
Die Hauptstadt Bahrains - Manama - ist auch Sitz des Parlaments im GolfstaatBild: picture-alliance/dpa

In Bahrain regiert seit Ende des 18. Jahrhunderts eine sunnitische Königsfamilie. Die Bevölkerungsmehrheit in dem Golfstaat stellen jedoch die Schiiten. Der häufig als religiös beschriebene Konflikt beider Religionsgruppen hat tatsächlich politische und wirtschaftliche Ursachen, erklärt Thomas Birringer, Leiter des Regionalprogramms der Konrad-Adenauer-Stiftung für die Golf-Staaten in Abu Dhabi: "Dieser Konflikt zwischen der schiitischen Mehrheit und dem sunnitischen Herrscherhaus ist wesentlich älter. Es gab immer wieder Auseinandersetzungen hinter denen sich nicht nur religiöse Unterschiede verbergen, sondern auch ein Stadt-Land-Gefälle und ökonomische Unterschiede."

Die sich jetzt vor den Parlamentswahlen häufenden Ausschreitungen und Verhaftungen waren vorhersehbar, so Birringer weiter. Denn nach wie vor habe das sunnitische Königshaus Befürchtungen, die schiitische Mehrheit in Bahrain werde von Teheran aus gesteuert. Diese Vorwürfe weist die stärkste schiitische Gruppe im Parlament, Al-Haq, zurück. Die Regierung versuche die Opposition einzuschüchtern, zumal einige Anhänger der Al-Haq zu einem Boykott der für den 23. Oktober angesetzten Parlamentswahlen aufgerufen hätten.

Iranische Hegemoniebestrebungen

Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinedschad hält eine Rede in Hamedan (Foto: IRNA)
Iranische Großmacht-Träume: Mahmoud AhamdinedschadBild: Irna

Ähnlich argumentieren Menschenrechtler: Bei den jüngsten Verhaftungen in Bahrain seien keine Terroristen, sondern Oppositionelle ins Visier des Regimes geraten. Thomas Birringer von der Konrad-Adenauer-Stiftung plädiert dagegen für eine differenzierte Sicht auf die politische Ausrichtung schiitischer Gruppierungen in Bahrain. Denn die Furcht der Regierung dort vor iranischen Hegemoniebestrebungen habe durchaus seine Berechtigung: "Es ist offensichtlich, dass die größte schiitische Gruppe im Parlament tatsächlich ideologisch der islamischen Revolution nahesteht." Andererseits gäbe es ebenso Schiiten in Bahrain, die sehr offen, liberal und demokratisch orientiert seien.

Nicht nur Bahrain, so der Nahost-Experte, sondern in allen Golfstaaten sei die Befürchtung groß, der Iran könne die rohstoffreiche Region stärker kontrollieren und politischen Einfluss nehmen. Denn das sei die Politik, die hinter dem Atomprogramm des Iran stehe, so Birringer: "Vor diesem Hintergrund wird das iranische Atomprogramm natürlich kritisch gesehen. Und die Angst der Golfstaaten ist durchaus berechtigt."

Autorin: Stephanie Gebert (dpa, ap)

Redaktion: Thomas Kohlmann