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Syrien dominiert G8-Treffen

Christina Bergmann, Washington, DC13. April 2012

Das Thema Syrien dominierte die Gespräche der G8-Außenminister in Washington. Sie vereinbarten die Entsendung eines UN-Erkundungsteams. Doch auch Iran und Afrika standen auf der Agenda.

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Am Randes des G8-Gipfels in Washington haben sich die Außenminister der USA und Russlands, Clinton und Lawrow (links) auch zu bilateralen Konsultationen getroffen. - US Secretary of State Hillary Clinton (R) and Russian Foreign Minister Sergei Lavrov (L) prepare to hold a bilateral meeting at Blair House in Washington DC, April 12, 2012. The officials are wrapping up two days of talks during the G-8 Foreign Ministers Meetings. REUTERS/Mike Theiler (UNITED STATES - Tags: POLITICS) eingestellt von: ml
Außenminister-Treffen der G8 in WashingtonBild: Reuters

Der Waffenstillstand in Syrien war noch keinen Tag alt, und die Außenminister der sieben größten Industrienationen plus Russlands äußerten sich entsprechend vorsichtig. "Wenn er hält", erklärte US-Außenministerin Hillary Clinton, "ist der Waffenstillstand ein wichtiger Schritt, aber nur ein Element des Planes" von Kofi Annan, dem Sondergesandten der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga. Und sie zählte die Probleme auf: "Die Truppen und Panzer des Regimes haben sich nicht aus den bewohnten Gebieten zurückgezogen. Und es bleibt abzuwarten, ob das Regime sein Versprechen hält, friedliche Demonstrationen zuzulassen, Journalisten und humanitärer Hilfe freien Zugang zu gewähren und den politischen Übergangsprozess zu starten."

Auch ihr deutscher Kollege Guido Westerwelle blieb zurückhaltend: "Wenn dieser Waffenstillstand hält, dann wollen wir, dass auch die Vorschläge von Kofi Annan unterstützt werden." Das bedeute, führte er aus: "Wir sind dafür, dass ein Erkundungsteam nach Syrien entsendet wird, das dann auch für den Fall, dass sich die Lage konsolidiert, eine entsprechende Beobachtermission seitens der internationalen Gemeinschaft, seitens der Vereinten Nationen vorbereitet." Hillary Clinton erklärte, dass einem solchen Erkundungsteam ungehinderter Zugang im ganzen Land gewährt werden müsse und es "unmittelbar" mit seiner Arbeit beginnen soll.

US-Außenministerin Hillary Rodham Clinton Foto: AP Photo/Luis M. Alvarez
US-Außenministerin ClintonBild: AP

Russland unterstützt UN-Resolution zu Syrien

Bereits am Freitag, heißt es aus New York, könne eine solche Mission vom UN-Sicherheitsrat beschlossen werden. Nachrichtenagenturen zufolge unterstützen auch Russland und China eine entsprechende Resolution. Sie hatten in der Vergangenheit eine Verurteilung Syriens im Sicherheitsrat verhindert. Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin erklärte nach einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur: "Es muss schnell jemand da sein, der den Waffenstillstand überwacht." Westerwelle zeigte sich zufrieden angesichts dieser Einigkeit: "Es war richtig, dass wir in unseren Einwirkungsbemühungen auf Russland nicht nachgelassen haben, und die seinerzeitige Entscheidung Russlands, auch dem Regime von Präsident Assad klar zu machen, dass es nicht in jedem Fall die schützende Hand über dieses Regime weiter hält, das war von großer Bedeutung auch für die weiteren Entwicklungen."

Nach Ansicht von Bruce Jones, Experte für internationale Politik am Brookings Institut, ist das Einlenken Russlands nur teilweise ein Erfolg des G8-Treffens, sondern auch im Einsatz des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan begründet. In dem Moment, in dem man jemanden mit international höchstem Ansehen zum Vermittler machte, "wurde es eine Frage der russischen Ehre", so Jones, Annans Plänen zum Erfolg zu verhelfen. Das sei unter anderem Zweck der Wahl Annans gewesen.

G8 ein "merkwürdiges" Forum?

Jones warnt jedoch davor, zuviel in das Einlenken der Russen hineinzuinterpretieren. In der Tat ist der Absatz der Abschlusserklärung, in dem es um Syrien geht, relativ kurz. Die Russen, so Jones, hätten ihrerseits bereits Forderungen auch an die syrische Opposition gestellt. Syrien, so Jones, sei eines der Konfliktthemen, bei denen die G8 tatsächlich ein sinnvolles Forum ist, dessen Berechtigung früher in Frage gestellt wurde. Denn eigentlich sei die Kombination von sieben westlichen Staaten und Russland "merkwürdig": Die G7 hätte eine politische Logik, weil hier sieben westliche Staaten ihre Politik koordinieren würden, so Jones.

Und selbst beim Thema Syrien holten die acht Staaten noch einen neunten ins Boot: Der türkische Außenminister wurde – allerdings auf eigenen Wunsch - per Videokonferenz hinzugeschaltet. "Ich glaube", erklärt Jones im DW-Interview, "die Frage nach der Zukunft der G8 wird wieder akut werden oder wir werden einen Prozess der Ausweitung sehen." Die Teilnahme der Türkei könne als Beginn dieses Prozesses gewertet werden.

Ein Panzer in der Umgebung von Damaskus. Foto: REUTERS/Shaam News Network
Hält die Waffenruhe in Syrien?Bild: Reuters

Iran und Afrika auf der Agenda

Dennoch ist unbestritten, dass geplante Zusammenkünfte wie die G8 Gelegenheit bieten, über die aktuellen Krisenherde zu sprechen. Zum Beispiel über den Atomstreit mit dem Iran, wo die westlichen Staaten und Russland Interessen haben. Am Samstag kommen in Istanbul Vertreter Teherans, Deutschlands und der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates zum ersten Mal seit einem Jahr zu direkten Gesprächen zusammen. Der Iran wird verdächtigt, den Bau von Atomwaffen anzustreben. Die von der UN verhängten Sanktionen zeigten ihre Wirkung, erklärte Außenminister Westerwelle: "Mein Eindruck ist, es ist auch im Iran zunehmend deutlich geworden, dass zum Beispiel die schlechte Wirtschaftslage des Landes mit der internationalen Isolierung zusammenhängt." Seine Kollegin Hillary Clinton erklärte, man erhalte Signale, dass Iran bei den Gesprächen in Istanbul Vorschläge machen wird. "Sie beteuern, dass ihr Programm friedlich ist und verweisen auf eine Fatwa (islamisches Rechtsgutachten) ihres obersten Führers gegen das Streben nach Nuklearwaffen." Clinton sagte aber auch, das Verhandlungsfenster werde nicht ewig offen bleiben.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle Foto: AP/Michael Sohn
Außenminister Guido WesterwelleBild: dapd

Die Außenminister der G8-Staaten, zu denen neben den USA, Russland und Deutschland auch Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich und Italien gehören, diskutierten auch Entwicklungen in Afrika. Aus der deutschen Delegation hieß es, in dem Kontinent werde großes Potential gesehen. Es gebe aber auch viele risikoreiche Entwicklungen, zum Beispiel die Hungerkrise in der Sahelzone, die Spannungen zwischen Sudan und Südsudan und die prekäre Sicherheitslage in Somalia. In Bezug auf den Sudan bestehe Einigkeit unter den G8-Staaten, dass man den Südsudan auffordern müsse, sich aus den kürzlich besetzten Gebieten zurückzuziehen. Hillary Clinton hatte erklärt, man habe diskutiert, wie man die Zusammenarbeit verbessern könne, um Konflikte zu verhindern, Lebensmittelsicherheit zu garantieren und demokratische Bestrebungen zu schützen und voranzubringen.

Das Treffen der G8-Außenminister in Washington diente auch der Vorbereitung für das alljährliche Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten, das am 18. und 19. Mai in Camp David in der Nähe der US-Hauptstadt stattfindet. Von diesem Treffen erwartet Politik-Experte Bruce Jones Übereinkünfte bei den Themen Energie- und Nahrungsmittelsicherheit. Und auch der Iran dürfte wieder eine prominente Rolle spielen.