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Politik

Autobahnbetreiber will keine Schuld haben

18. August 2018

Nach der Trauerfeier für die Opfer des Brückeneinsturzes in Genua hat die private Betreibergesellschaft 500 Millionen Euro an Hilfen in Aussicht gestellt. Eine Mitschuld an der Katastrophe bestreitet das Unternehmen.

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Nachwirkungen der Morandi-Brücke Zusammenbruch in Genua
Wie eine Geisterstadt: Die evakuierten Häuser unter den Überresten der Morandi-BrückeBild: Getty Images/J.Taylor

Tausende Menschen drängten sich am Samstag bei einer staatlichen Trauerzeremonie mit den Spitzen von Staat und Regierung in der Messehalle von Genua. Landesweit galt Staatstrauer. Vor öffentlichen Gebäuden wehte die Flagge auf Halbmast. Aber das Gedenken an die Opfer wurde schnell wieder von der Diskussion über die Verantwortung für den Einsturz des Ponte Morandi abgelöst.

Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella sprach nach der Trauerfeier gegenüber Fernsehreportern von einer "inakzeptablen Tragödie". Er versprach, sich dafür einzusetzen, dass "schnelle und rigorose Ermittlungen zu Verurteilungen führen".

Italien Genua | Einsturz Autobahnbrücke Morandi l Trauerfeier mit Mattarella
Präsident Sergio Matarella bei der TrauerfeierBild: Reuters/M. Pinca

Eine halbe Milliarde Euro für Brückenneubau und Hilfen

Die private Autobahnbetreibergesellschaft Autostrade per l'Italia, zu deren Straßennetz auch die eingestürzte Morandi-Brücke gehört, wehrt sich dagegen, dass die populistische Regierung in Rom sie für den Kollaps der Tragseilbrücke verantwortlich macht. "Wir denken nicht, dass die Voraussetzungen vorliegen, Verantwortung für ein Ereignis zu übernehmen, dessen Ursache zunächst noch ermittelt werden muss", sagte Hauptgeschäftsführer Giovanni Castellucci in der ersten Pressekonferenz des Konzerns nach dem Unglück. Er stellte 500 Millionen Euro für Investitionen in der Hafenstadt Genua sowie Hilfszahlungen an die Opfer in Aussicht und kündigte an, bei der Aufklärung des Einsturzes eng mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Die Gelder stünden ab Montag bereit, sagte Castellucci.

Italien, Giovanni Castellucci und Fabio Cerchiai
Giovanni Castellucci (r.) und Autostrade Vorstandschef Fabio Cerchiai verwehren sich gegen SchuldzuweisungenBild: Getty Images/P.Cruciatti

Mehrere Millionen Euro sind demnach für die Hinterbliebenen der Einsturzopfer vorgesehen. Außerdem sollten dutzende Millionen Euro für die Unterbringung der Menschen bereitgestellt werden, die wegen des Brückeneinsturzes ihre Häuser in der Umgebung räumen mussten. Rund 600 Menschen waren nach dem Einsturz gezwungen, ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen. Die Gebäude, die teils unterhalb der Brücke stehen, müssen nach Behördenangaben abgerissen werden. Außerdem soll Geld in Baumaßnahmen fließen, mit denen der Verkehr in Genua umgeleitet werden soll.

Eine neue Brücke binnen acht Monaten?

Ein Großteil der halben Milliarde Euro soll offenbar in den zügigen Bau einer neuen Brücke fließen, die die Morandi-Brücke auf der Autobahn A10 an gleicher Stelle ersetzen soll. Sein Unternehmen werde nach Erteilung einer entsprechenden Baugenehmigung innerhalb von acht Monaten auf eigene Kosten die alte Brücke abreißen und eine neue Brücke aus Stahl errichten, kündigte Castelluci an.

Zu den möglichen Ursachen des Brückeneinsturzes sagte Castelluci lediglich, es habe sich um "eine sehr spezielle Brücke" gehandelt, die aber "von allen, die sie untersucht haben, als sicher betrachtet" worden sei. Die Einsturzursache müsse nun die Justiz ermitteln. Experten vermuten, dass der Einsturz durch den Riss eines Tragseils verursacht worden sein könnte.

Die Suche nach Verschütteten und die Aufräumarbeiten dauern in Genua an
Die Suche nach Verschütteten und die Aufräumarbeiten dauern anBild: Getty Images/AFP/M. Bertorello

Forderungen aus der Regierung nach einem Rücktritt der Unternehmensführung wies der Vorstandsvorsitzende von Autostrade per l'Italia, Fabio Cerchiai, bei der Pressekonferenz zurück. Castelluci werde das Unternehmen weiter führen, sagte er. Bereits am Freitag hatte Premierminister Giuseppe Conte einen Prozess eingeleitet, um der der privaten Betreibergesellschaft, die in Italien rund 3000 Kilometer Autobahn verwaltet, ihre Lizenz zum landesweiten Betrieb der mautpflichtigen Schnellstraßen zu entziehen.

Inzwischen 43 Tote

Die Einsatzkräfte haben mittlerweile 42 Menschen tot geborgen, die Suche nach Vermissten stellte die Stadtverwaltung am Sonntag offiziell ein.

qu/wa (afp, rtr, dpa)