Schweigen zu Flüchtlingsdrama
30. Juni 2014Was ist aus den über 100 Flüchtlingen geworden, die nach australischen Medienberichten am Wochenende im Indischen Ozean in Seenot gerieten? Ein Schiff der australischen Zollbehörde habe das Boot mit 153 Tamilen aus Sri Lanka an Bord aufgebracht, berichtete der Sender ABC. Nach weiteren Medienberichten wurden die Menschen in Auffanglager in Nachbarländer gebracht. Außerdem soll der Zoll ein zweites Boot mit 50 Menschen an Bord abgefangen haben.
Regierung hüllt sich in Schweigen
Die konservative australische Regierung schweigt über das Schicksal der Flüchtlinge. Einwanderungsminister Scott Morrison wollte keines der Flüchtlingsdramen kommentieren. "Ich werde nichts tun oder sagen, was unsere seit sechs Monaten erfolgreichen Anstrengungen untergräbt, Menschenschmuggler zu stoppen", sagte er dem Sender Macquarie Radio.
Australische Reporter hatten am Samstag alarmierende Hilferufe erhalten. Die Anrufer meldeten sich nach eigenen Angaben über Satellitentelefon von einem Boot aus. Sie seien rund 300 Kilometer westlich der zu Australien gehörenden Weihnachtsinsel im Indischen Ozean in Seenot geraten. An Bord seien 37 Kinder. In den vergangenen Jahren sind Tausende Flüchtlinge vor allem aus dem Nahen Osten mit oft kaum seetüchtigen Booten in australische Gewässer gefahren. Mehrfach sind Dutzende Menschen ertrunken. Viele Boote mussten von der australischen Marine gerettet werden.
Kritik der Opposition
Minister Morrison muss heftige Kritik von der Opposition einstecken. "Das ist ein Minister, der eine bedauerliche Bilanz hat, wenn es um Transparenz geht", sagte der Sprecher der Labor-Partei, Richard Marles. "Es ist ein neuer Tiefpunkt, wenn der Minister sogar verweigert, die Existenz des Flüchtlingsbootes zu bestätigen."
Die Senatorin Sarah Hanson-Young von den "Australian Greens" warf der Regierung vor, sie halte hunderte Flüchtlinge, darunter Säuglinge, in "Gefängnisschiffen" fest, anstatt sie nach Australien zu lassen, wo sie angemessene medizinische Versorgung erhalten könnten.
Die Regierung fährt seit Amtsantritt im September eine kompromisslose Linie. Die Küstenwache hat Boote schon mehrfach zur Umkehr gezwungen, oft nach Indonesien, wo viele Schlepperbanden tätig sind. Flüchtlinge, die es an Land schaffen, werden in die Auffanglager gebracht, die Australien etwa in Papua-Neuguinea oder im mikronesischen Nauru betreibt. Selbst bei Anerkennung als Flüchtling sollen sie nur dort - nicht aber in Australien - ein Aufenthaltsrecht erhalten. Die australische Regierung bezahlt die Nachbarländer für die Aufnahme.
cr/gmf (dpa, afp)