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SportGlobal

Australian Open ohne Corona-Einschränkungen

9. Januar 2023

Bei den Australian Open dürfen Sportler und Sportlerinnen mit einer COVID-19-Infektion antreten und müssen diese nicht einmal melden. Im vergangenen Jahr hatte es noch strikte Auflagen und Ausschlüsse gegeben.

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Blick am Abend auf die erleuchtetet Rod-Laver-Arena in Melbourne
In der Rod-Laver-Arena in Melbourne finden die Australian Open 2023 ohne Corona-Auflagen statt.Bild: Frank Molter/picture allliance/dpa

Noch vor einem Jahr musste Tennis-Superstar Novak Djokovic das Land verlassen und durfte wegen seiner fehlenden Corona-Impfung nicht an den Australian Open 2022 teilnehmen. Er  wurde sogar mit einem mehrjährigen Einreiseverbot belegt, das inzwischen wieder aufgehoben wurde. Nun wird es keine Auflagen mehr geben - weder für den Serben noch für alle anderen Teilnehmer des ersten Grand Slam des Jahres:

In Melbourne können nun sogar COVID-19-Infizierte an den Start gehen, ohne die Turnier-Veranstalter über ihren positiven Test zu informieren - sofern sie sich körperlich fit genug fühlen, zitiert die Zeitung "The Age" Tennis-Australia-Chef Craig Tiley. Es gebe demnach nur eine Empfehlung an diejenigen Spieler und Spielerinnen und Zuschauer und Zuschauerinnen, zu Hause zu bleiben, wenn sie sich nicht wohlfühlen. 

Sportmediziner rät bei Corona-Infektion zu Wettkampfverzicht

Für Sportmediziner Wilhelm Bloch von der Deutschen Sporthochschule Köln birgt dieser Sinneswandel der Australier Gefahren. "Ich kann nur an die Vernunft der Sportler appellieren: Wenn sie wissen, dass sie positiv sind - auch wenn sie symptomfrei sind - sollten sie auf die klassische sportmedizinische Empfehlung hören: Ein Sportler, der das Virus in sich trägt, sollte an keinem Wettkampf teilnehmen."

Der Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin könne verstehen, dass man im Sport weiter öffnet: "Diese starken Reglementierungen konnte man nicht halten. Wir sind in einer anderen Situation, die meisten Sportler sind zum überwiegenden Teil geimpft. Aber ich habe schon ein bisschen Bauchschmerzen dabei."

Novak Djokovic sitzt auf den Boden des blauen Tennisfeldes mit der Aufschrift "Adelaide" und seiner Trophäe des Turniergewinns
Durfte wieder in Australien einreisen und dort Tennis spielen: der gegen Corona ungeimpfte Novak Djokovic.Bild: Kelly Barnes/AP/picture alliance

Zwar hätten Sportler meistens ein gutes Immunsystem und kämen mit der Virusbedrohungslage eigentlich ganz gut zurecht, weil das Immunsystem die Viren relativ schnell abwehre. Im Körper passiere aber trotzdem ein Prozess: "Die Viren vermehren sich,  das Immunsystem reagiert so schnell, dass der Körper das eigentlich nicht merkt. Und da drauf setzt man mit einem Wettkampf eine hohe Belastung. Der Belastungsreiz ist auch ein Trigger für das Immunsystem. Und dann muss der Körper mit beidem fertig werden. Dann kann es passieren, dass der Körper doch nicht so gut mit dem Virus zurecht kommt, was Gefahren birgt - bis hin zu einer Myokarditis (Herzmuskelentzündung)."

Auch die hohen Temperaturen in Australien erhöhen die Belastungssituation - ein Gesundheitsrisiko besteht bei diesen hohen Temperaturen immer. Allerdings erhöhe sich die Körpertemperatur bei einer Immunsystemreaktion auch, Sportler erreichten beim Spiel sowieso locker 40 Grad Körper-Kerntemperatur. "Dann schwitzt man anders, dehydriert schneller, von daher ist die Belastung für den Körper erhöht", erklärt Bloch.

Gefahr von Langzeitverläufen

Ein infizierter Sportler könne allerdings genauso leistungsfähig sein wie ein gesunder Sportler, räumt Bloch ein. Allerdings schätzten  Sportler manchmal ihren körperlichen Gesamtzustand vor der Belastung falsch ein. "Und dann kommt die Belastung und man boostert das ganze System und kriegt zunächst die Belastung gut durch. Aber was danach kommt, am nächsten oder übernächsten Tag - da ist man dann unter Umständen in der Regeneration eingeschränkt. Und in einem Turnierverlauf hat man ja eigentlich alle zwei Tage ein Spiel."

Portraitfoto von Wilhelm Bloch
Sportmediziner Wilhelm Bloch warnt Spitzensportler vor Corona-LangzeitfolgenBild: Deutsche Sporthochschule Köln/dpa/picture alliance

Was Sportmediziner im Zusammenhang mit der Corona-Infektion immer wieder sähen, so Bloch, seien Belastungsprobleme nach zu frühem Start. "Das Risiko ist nicht die Myokarditis, sondern die Besonderheit, dass es zu Langzeitverläufen kommt. Die Impfung biete einen gewissen Schutz, eine Reduktion von etwa 10 bis 30 Prozent der Long-Covid-Gefahr. "Das bedeutet aber immer noch, dass eine gewisse Gefahr da ist. Sportler leiden mehr unter Folgen einer Post-Covid-Situation, haben Belastungs-Intoleranzen und können sich nicht regenerieren. Sie haben eine Belastung und sind dann wochenlang 'out of order'."

Auch die Tatsache, dass die meisten schon durch eine Infektion oder Impfung mit dem Virus in Berührung gekommen seien, helfe in diesem Fall vielleicht nicht unbedingt weiter: "Es hängt davon ab, mit welchen Varianten man es vorher zu tun hatte." Und in Australien weiß man nicht, ob die neue Omikron-Variante, die in China wütet, mitkommt. Diese scheint noch deutlich infektiöser zu sein. 

Australian Open als Vorbild für andere Sportereignisse?

Die Australian Open sind das erste Sport-Großereignis in diesem Jahr. Andere Veranstalter werden genau hinschauen und ihre Corona-Regelegungen auf den Prüfstand stellen. Bei einem kontaktarmen Sport wie Tennis - noch dazu unter freiem Himmel - könnte der Wegfall von Corona-Beschränkungen tatsächlich gut funktionieren. 

Sportmediziner Bloch warnt jedoch: "Wenn ich zulasse, dass Infizierte, ohne dass sie es äußern müssen, in den Sportbetrieb gehen, öffne ich das Infektionsrisiko für andere." Jeder geht in sein persönliches Risiko, jeder trifft für sich eine persönliche Entscheidung. Aber es bleibt die Verantwortung für andere. "Bei Kontaktsportarten ist das schon eine Gefahr. Da muss man sorgfältig überlegen, ob man das tatsächlich 1:1 von den Australian Open übernimmt." 

Für Djokovic läuft es in diesem Jahr schon jetzt deutlich besser als 2022: Knapp ein Jahr nach seiner Ausweisung feierte der Serbe in Australien in Adelaide seinen 92. Titel und unterstrich kurz vor Start der Australian Open seine Topform. Nun werden sogar für seine Testspiele Tickets verkauft.


Nach der Absage des spanischen Weltranglistenersten Carlos Alcaraz gilt er als Topfavorit. "Hier zu stehen, ist ein Geschenk", sagte Djokovic sichtlich erleichtert in seinem Siegerinterview auf dem Hartplatz. "Es hat sich angefühlt, wie zu Hause zu spielen." Noch vor einem Jahr schien Australien für ihn auf Jahre unerreichbar zu sein. Nun ist für Djokovic der Weg zum möglichen Grand-Slam-Titel Nummer 22 wieder frei.