Ausschuss zu Kapitol-Erstürmung lädt Trump vor
14. Oktober 2022Es kommt selten vor, dass ein amtierender oder früherer US-Präsident vom Kongress vorgeladen wird. Donald Trump soll nun zum Sturm seiner Anhänger auf das US-Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 aussagen. Die neun Mitglieder des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, sieben Demokraten und zwei Republikaner, stimmten einstimmig dafür. Der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson sagte, das Gremium sei verpflichtet, sich um eine Aussage Trumps zu bemühen. Wenn Trump der Vorladung für eine Aussage unter Eid nicht folgt, könnte das Repräsentantenhaus ihn wegen Missachtung des Kongresses beim Justizministerium anzeigen.
Liz Cheney: Trump ist verantwortlich
Der Untersuchungsausschuss hatte nach mehrmonatiger Unterbrechung wieder eine öffentliche Sitzung abgehalten. Die stellvertretende Ausschussvorsitzende Liz Cheney, Republikanerin wie Trump, machte den früheren Präsidenten dabei erneut für den Angriff auf den Kongress verantwortlich.Die bislang vorgelegten Beweise hätten gezeigt, dass "die zentrale Ursache für den 6. Januar ein Mann war - Donald Trump". Der Ausschuss sei verpflichtet, Antworten von ihm einzufordern, begründete Cheney die Vorladung. "Er schickte sie zum Kapitol in dem Wissen, dass sie wütend sind, in dem Wissen, dass sie bewaffnet sind."
Bei der Sitzung wurden unter anderem Videoaufnahmen von Trumps langjährigem Vertrauten Roger Stone gezeigt, einem berüchtigten Politikberater. Stone sagt darin vor der Präsidentschaftswahl vom November 2020, er wolle nicht auf die Auszählung aller Wählerstimmen warten. "Lasst uns direkt zur Gewalt übergehen." Verwiesen wurde auch auf die Verbindungen von Stone zu den Extremistengruppen Oath Keepers und Proud Boys. Mitglieder dieser Gruppierungen wurden nach der Kapitol-Erstürmung wegen aufrührerischer Verschwörung angeklagt.
Letzte Anhörung vor den Kongresswahlen
Der U-Ausschuss des Repräsentantenhauses hatte im Sommer bereits acht öffentliche Anhörungen abgehalten, in denen Trump schwer belastet wurde. Eigentlich war für Ende September eine weitere Anhörung geplant - diese wurde aber wegen Hurrikan "Ian" vertagt und jetzt nachgeholt. Es dürfte die letzte Anhörung vor den Zwischenwahlen zum Kongress am 8. November sein. Sollten die Republikaner bei der Wahl die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernehmen, wie viele Meinungsforscher vorhersagen, würde das das Ende des Untersuchungsausschusses bedeuten.
Der Ausschuss befasst sich seit mehr als einem Jahr mit dem Angriff, bei dem mehrere Menschen ums Leben kamen und über 140 Polizeibeamte verletzt wurden. Dabei wurden mehr als 1000 Zeugen gehört.
In einer ersten Reaktion äußerte sich Trump nicht dazu, wie er vorgehen wolle, sondern kritisierte lediglich den Zeitpunkt für die Vorladung. Warum habe ihn der Ausschuss nicht schon vor Monaten um Aussage gebeten, sondern bis zum Schluss damit gewartet, fragte er in einem Beitrag in seinem hauseigenen Online-Netzwerk "Truth Social". Zugleich wiederholte er seine von vielen Gerichten widerlegten Behauptungen über "massive Fälschungen" bei der Präsidentschaftswahl. Das war "der Grund dafür, was am 6. Januar passierte", wiederholte Trump seine Position.
Niederlage für Trump vor Supreme Court
Parallel zur Entscheidung des U-Ausschusses gibt es für Trump auch schlechte Nachrichten vom Supreme Court. Dabei geht es um die Geheimunterlagen, die das FBI in seinem Anwesen Mar-a-lago beschlagnahmt hat. Das Oberste Gericht wies einen Eilantrag des Ex-Präsidenten dazu ab. Trumps Anwälte hatten vergangene Woche beim Supreme Court beantragt, dass ein Sonderprüfer Zugang zu den als geheim eingestuften Dokumenten haben müsse und dass die Unterlagen so lange dem Zugriff der Ermittler entzogen werden.
Anfang August hatte die Bundespolizei FBI Trumps Villa im US-Bundesstaat Florida durchsucht. Das FBI beschlagnahmte tausende Dokumente, darunter diverse Verschlusssachen, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe, obwohl scheidende Präsidenten alle offiziellen Unterlagen dem Nationalarchiv übergeben müssen. Dadurch, dass er die Unterlagen nach seinem Ausscheiden aus dem Amt in seinem Privathaus aufbewahrte, könnte Trump sich strafbar gemacht haben.
qu/AL (afp, rtr, dpa)