Ausbildungsschmiede Deutschland
7. April 2010Als Abdullah Al-Maktary vor zwei Jahren seine medizinische Ausbildung begann, glaubte er zunächst, er habe sich in der Adresse geirrt: Beim Anblick des Gebäudes der Aachener Uni-Klinik "dachte ich, es sei ein Atomkraftwerk", erinnert sich der angehende plastische Chirurg heute lachend.
Abdullah Al-Maktary ist einer von rund 3.500 arabischen Ärzten und Medizinstudenten, die bereits zur Aus- oder Weiterbildung nach Deutschland gekommen sind. Viele von ihnen stammen aus Ländern, in denen die gesundheitliche Grundversorgung noch viel Unterstützung benötigt.
Abdullah kommt aus dem Jemen, wo er ein naturwissenschaftliches Studium absolviert hat. "Danach bin ich in den Irak gegangen, um dort ein Medizin-Studium aufzunehmen. Anschließend habe ich drei Jahre als Allgemein-Chirurg in meiner Heimatstadt Taiz im Jemen gearbeitet", erzählt er. In Aachen will er nun sechs Jahre bleiben.
Bereits jetzt hat er viel in Deutschland gelernt. "Ich habe in Deutschland zum ersten Mal erfahren, wie man systematisch in einem Team arbeitet", erzählt der 31-Jährige auf dem Weg in den Operationssaal und schwärmt von der modernen Infrastruktur in Deutschland: "In den staatlichen Kliniken im Jemen, wo ich gearbeitet habe, gibt es kein richtiges System und keine Arbeitsteams. Außerdem habe ich in Deutschland im Bereich der plastischen Chirurgie viel Neues gelernt, diese Fachrichtung ist im Jemen nicht sehr verbreitet", erzählt er.
Körpereigene Haut ersetzt verbrannte Haut
Im OP angekommen, reinigt Abdullah seine Hände, zuerst mit Seife, dann mit Alkohol, zieht grüne Spezialkleidung an, OP-Haube und Mundschutz. Im Operationssaal eilen Krankenschwestern mit grünem Mundschutz hin und her, nur ihre Augen sind sichtbar, modernste Chirurgie-Apparatur überall, leise Musik im Hintergrund.
Der Patient liegt bereits in Narkose. Sein linkes Bein wurde durch Chemikalien stark verätzt. Krankenschwester Barbara hält das Bein, während Abdullah mit einem chirurgischem Messer die tiefen Verletzungen entfernt, zugleich aber auch gesunde Haut abtrennt und von der Schwester mit einer Art Walze bearbeiten lässt, so dass ein wesentlich größerer Hautlappen entsteht. Mit diesem "flickt" Abdullah die Wunde des Patienten, der beaufsichtigende Oberarzt ist zufrieden. Alltägliche Routine.
Ein kunterbuntes Team
Am nächsten Tag morgens um halb acht: In der sechsten Etage der Uniklinik wartet Gastarzt Abdullah mit 15 weiteren Chirurgen aus verschiedenen Ländern auf Norbert Pallua, den Direktor der Klinik für plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie. "Es bewerben sich immer mehr arabische und ausländische Ärzte bei uns", erzählt Pallua. "Leider können wir nur eine begrenzte Anzahl ausbilden. Ich selbst komme ursprünglich aus Italien."
Ein Beamer leuchtet auf, farbige Bilder von Hautübertragungen vor und nach der Transplantation erscheinen auf dem Bildschirm. Der angehende Facharzt für plastische Chirurgie, Abdullah, erzählt von seiner Operation am Vortag. "Wir lernen hier jeder vom anderen, medizinisch, kulturell und auch menschlich", sagt Pallua. Zwar führen er und sein Team in Aachen auch kosmetische Operationen durch, meist handelt es sich aber um komplizierte Eingriffe nach Unfällen, Verbrennungen zum Beispiel.
Genau das ist für Abdullah interessant, daher beherrscht er Eigenhaut-Transplantationen wie die vom Vortag schon sehr gut. Was er in Aachen jedoch noch lernen will, sind plastische Operationen mit Hilfe von Stammzellen, die dem Patienten aus dem Knochenmark oder dem Fettgewebe entnommen werden. Sein Wissen will Abdullah Al-Maktary später mit in die Heimat nehmen, um dort den Menschen zu helfen: "Es ist ein schönes Gefühl, einem Patienten zu helfen, seine Leiden zu überwinden", sagt er.
Autor: Ali Almakhlafi
Redaktion: Thomas Latschan