Aus der Not zum Start-up
15. Juli 2014Zurück nach Deutschland und einen Job suchen - so hatte sich die 27-jährige Judith Walter ihre Zeit nach ihrem viermonatigen Auslandspraktikum in Kapstadt eigentlich vorgestellt. Doch dann kam alles anders. "Drei Tage, nachdem ich in Kapstadt ankam, traf ich Rowan", erzählt Walter. Die Deutsche verliebte sich in den 29-jährigen Südafrikaner und beschloss, nach ihrem Praktikum mit ihm zusammenzuziehen. Seit anderthalb Jahren lebt und arbeitet die Deutsche nun in Kapstadt.
Bald kam die Frage auf, wie sich Walter ihren Lebensunterhalt verdienen sollte. Einen Job zu finden, ist sehr schwer: In Südafrika ist nach offiziellen Angaben jeder Vierte arbeitslos. Das Land zählt damit zu den Staaten mit einer der höchsten Arbeitslosigkeitsquoten weltweit. Ihr Freund, Rowan Isaacman, bot ihr an, zunächst für die ersten paar Wochen bei ihm auszuhelfen. Er arbeitete zwar zu diesem Zeitpunkt noch in einer Fabrik, die eine günstigere Alternative zu Nespresso-Kaffeekapseln herstellt. Isaacman war jedoch dabei, sich von dem Familienunternehmen zu lösen, um seine eigene Firma #link:http://coffeecapsulesdirect.com:Coffee Capsules Direct# zu gründen. Diese sollte sich vor allem auf den Vertrieb der Kaffeekapseln, Vermietung und Verkauf von Kaffeemaschinen spezialisieren.
Drang zur Selbstständigkeit
Ihr Studium der Kommunikationswissenschaft in Münster kam Walter da zugute: Walter half beim Marketing, beim Social-Media-Auftritt, beim Design der Firma und kümmerte sich um die Kundenbindung. Aus wenigen Wochen wurden schnell anderthalb Jahre: Walter stieg schließlich fest in die Firma ein. Mittlerweile haben Isaacman und Walter noch zwei weitere Vollzeitkräfte eingestellt und planen, ein weiteres Büro in Durban zu eröffnen. Zu den Hauptabnehmern ihrer Produkte zählen vor allem Kunden der Beauty-Industrie, wie zum Beispiel Nagelstudios oder Friseursalons, die ihren Kunden während ihrer Wartezeit Kaffee anbieten wollen.
"Mir wäre in Deutschland nie in den Sinn gekommen, selbst ein Unternehmen zu gründen. Aber Südafrika tickt anders als Deutschland", glaubt Walter. In Südafrika entschieden sich viele Menschen nicht nur für die Selbstständigkeit, um der Arbeitslosigkeit zu entfliehen, sondern auch, um die Chance auf ein höheres Gehalt zu haben. Die Gehälter in regulären Jobs - auch in größeren Unternehmen - seien im Verhältnis zu deutschen Gehältern relativ gering - trotz ähnlich hoher Lebenskosten. Walters Freundin etwa, auch eine Deutsche, die nach Kapstadt ausgewandert ist, verdient in ihrem Vollzeitjob umgerechnet weniger als 1000 Euro im Monat - trotz Universitätsabschluss.
Raum für Entwicklung
Laut Isaacman bietet Südafrika dennoch viele Möglichkeiten, sich wirtschaftlich zu entfalten: "Südafrika ist noch nicht so etabliert wie Deutschland oder die USA. Hier gibt es noch Platz für Wachstum. Während es in den USA oder in Europa beispielsweise schon die verschiedensten Kaffeemaschinensysteme und Kaffeesorten gibt, ist Südafrika gerade erst dabei, eine Kaffeekultur zu entwickeln", ergänzt Isaacman.
Doch ein Startup in Südafrika zu gründen, ist auch hier mit vielen Herausforderungen verbunden: "Wie in anderen Ländern auch: Ohne finanzielle Sicherheiten ist es schwer, Unterstützung von Banken für ein Startup zu bekommen", so Isaacman. Außerdem gebe es in Südafrika genauso viele Regelungen wie in anderen Staaten auch. "Aber in der Realität sieht es hier so aus, dass wir unsere eigenen Regeln aufstellen, bis uns jemand sagt, dass das so nicht geht", erklärt Isaacman. Das mache das Startup-Leben um Einiges einfacher. "Man sagt hier, dass es einfacher ist, um Verzeihung als um Erlaubnis zu bitten", fügt Isaacman lachend hinzu.
Besonders rosig sehen die Chancen für Startups in Südafrika allerdings nicht aus: "Viele Startups, etwa 80 von 100, überleben gerade einmal zwei Jahre", schätzt Walter. Doch sie und ihr Freund setzen alles daran, dass ihr Startup zu den erfolgreichen 20 Prozent gehören wird.