#GroKo fällt bei Twitter durch
28. November 2013Welchen Kurs soll die neue deutsche Regierung einschlagen? Über diese Frage haben die Spitzen von Union und SPD wochenlang verhandelt, zuletzt bis spät in die Nacht. Jetzt steht fest: Eine große Koalition aus Konservativen und Sozialdemokraten wird wohl kommen. CDU, CSU und SPD haben sich auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag verständigt.
Im Internet wird die Einigung der Parteien jetzt heiß diskutiert. Bei Twitter melden sich unter dem Hashtag #GroKo (GroKo steht für große Koalition Anm.d.Red.) vor allem Kritiker zu Wort. "#GroKo .. kommt von das Große Kotzen", lautet etwa das Fazit des Twitter-Nutzers do-panic. Kritik hagelt es auch von der Opposition. Gregor Gysi, der als Fraktionsvorsitzender der Linkspartei auch Oppositionsführer sein wird, meint: "Es wird eine Koalition des Stillstandes. Ein Kompromiss des Stillstandes ist nie gut."
Kritik an Maut und Doppelpass
Besonders strittig war in den Verhandlungen, ob es in Deutschland eine Maut für ausländische Autofahrer geben soll. Gegen den Willen Angela Merkels hat sich in diesem Punkt die bayerische CSU durchgesetzt. Twitter-User Rik Rheto bemängelt: "'Merkel sagte mit ihr gäbe es keine #Maut. Und erneut hat sie sich als Lügnerin entlarvt. Die Leute finden sie aber immer noch toll." Der deutsche Automobilclub ADAC bezeichnet den Kompromiss als "#Mautlüge".
Ein weiterer Knackpunkt in den Koalitionsgesprächen war die doppelte Staatsbürgerschaft. Hier müssen Zuwanderer wie bisher bei einer Einbürgerung ihre alte Nationalität aufgeben. Dafür fällt künftig die Optionspflicht weg, bei der sich in Deutschland geborene Kinder bis zum Alter von 23 für einen Pass entscheiden müssen. "Fauler Kompromiss", meint dazu Sevim Dağdelen, die für die Linken im Bundestag sitzt. "Optionspflicht fällt, keine Doppelte Staatsangehörigkeit: De facto Diskriminierung der Türken bleibt. #wahlbetrug."
Heftige Reaktionen zeigen die Twitter-Nutzer auch beim Thema Vorratsdatenspeicherung. Überwachungsgegner halten es für übertrieben, dass Kommunikationsdaten in Zukunft drei Monate lang gespeichert werden sollen. "Die Vorratsdatenspeicherung ist ein verhängnisvoller Paradigmenwechsel. Von Verdachtsabhängigkeit zur anlasslosen Überwachung", schreibt Sven Kindler, Bundestagsabgeordneter der Grünen.
Koalition feiert, SPD-Basis zögert
Die voraussichtlichen Regierungsparteien hingegen loben den Koalitionsvertrag naturgemäß. Vertreter aller beteiligten Parteien beteuern, sie hätten ihre Handschrift durchgesetzt: "Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD trägt eine starke Handschrift der Union", twittert etwa CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Unter dem Hashtag #handschrift ernten die künftigen Koalitionäre bereits bitteren Spott.
Endgültig beschlossen ist die Koalition jedoch noch nicht. Erst muss die Mehrheit der 473 000 SPD-Mitglieder dem ausgehandelten Vertrag zustimmen. Dabei ist die Parteibasis noch sehr skeptisch. Twitter-Nutzerin Roma Maria Mukherjee fordert: "Liebe SPD-Basis, bitte lehnt die große Koalition ab. Neuwahlen und dann eine starke Opposition bilden. Diese Kompromisse sind doch nichts!" Gut möglich also, dass die SPD-Mitglieder dem Koalitionsvertrag noch eine ganz eigene Handschrift verpassen.