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Auf Safari im Bayerischen Wald

Andreas Kirchhoff28. Januar 2012

In den Bergen Süddeutschlands kann man im Winter Ski fahren – oder aber auf die Pirsch gehen. Im Nationalpark Bayerischer Wald begegnen einem dabei aufregende und vor allem ziemlich große Tiere.

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Porträt eines erwachsenen Maennchens im Winter (Foto: picture-alliance)
Europäischer Luchs im SchneeBild: picture-alliance/WILDLIFE

"Ich will die Bären sehen", sagt die resolute Rentnerin. Sie ist eine von elf wackeren Naturfreunden, die sich trotz heftigen Schneefalls am Nationalparkhaus am Lusen eingefunden haben, einem der höchsten Berge im Bayerischen Wald. Die Führung durch das 200 Hektar große Tierfreigelände soll gleich losgehen. Eine Führung, bei der den Gästen die heimische Tierwelt und die Idee des Nationalparks ans Herz gelegt werden soll – und das bei jedem Wetter. Also auf zu Uhu, Luchs, Bär und Wolf.

Kalt ist es und windig an diesem Januartag. Knapp Null Grad, es fühlt sich kälter an. "Wer jeden Tag fünf Stunden draußen im Wald ist, der friert nicht so leicht", sagt die Waldführerin Claudia Barthmann aufmunternd. Seit 2008 führt Barthmann Besucher durch den Park. Ihren Schreibtischjob als Wirtschaftingenieurin hat sie gerne aufgegeben. Um dafür viel Draußen zu sein, um Andere an ihrer Leidenschaft teilhaben zu lassen. Jetzt im Winter macht sie meist Schneeschuhwanderungen oder wie an diesem Tag, die dreistündige Führung durchs Gelände.

Waldführerin Claudia Barthmann mit Hut im Schnee (Foto: DW/Andreas Kirchhoff )
Friert nicht: Claudia BarthmannBild: DW

Der Walduhu hat für die Gäste nur ein Augenzwinkern aus der Ferne übrig. Umso mehr freut man sich auf den Luchs, das Tier des Jahres 2011. Bedroht, aber nicht ausgerottet. Das größte frei lebende Raubtier der Region wird bis zu 25 Kilo schwer. Im Bayerischen Wald soll es 16 Luchse geben, genau weiß das keiner. Die Katze ist ein scheuer und geschickter Jäger und lässt sich nicht gern beobachten. Luchse sind nicht wählerisch, fressen Füchse, Mäuse, Hasen und vor allem Rehe. Hier im Gehege bekommen sie natürlich nur totes Tier. Mehr Natur möchte man den Gästen im Nationalpark dann doch nicht zumuten.

Auge in Auge mit dem scheuen Jäger

Die Waldführerin will keine falschen Hoffnungen wecken. Könnte sein, dass die Luchse im Freigelände sich nicht zeigen. Von einer hölzernen Aussichtsplattform suchen wir die Schnee bedeckten Hügel ab. Zunächst kann niemand etwas entdecken, bis Claudia uns die Richtung weist. Als sich der Luchs mit seinen charakteristischen Pinseln auf den Ohren bewegt, sehen wir ihn auch. Und da noch einer. Der kommt sogar ganz nah ran und lässt sich fotografieren. Ziemlich beeindruckend.

Luchs im Tiergehege (Foto: DW/Andreas Kirchhoff)
Da ist er!Bild: DW

Dabei wollte man am Anfang noch viel mehr. Deutschlands erster Nationalpark öffnete im Oktober 1970. Er sollte einmal Elefanten beherbergen, Kamele und Löwen, erzählt Claudia Barthmann. So hatte man sich damals den Nationalpark als Touristenattraktion vorgestellt. Vielleicht wollte man damit auch die Einheimischen überzeugen, denn der Park war nicht unumstritten. Über Jahrhunderte war der Wald die wichtigste Lebensgrundlage, das reichlich vorhandene Holz der einzige nennenswerte Rohstoff. Und nun sollten sie den Wald nicht mehr bewirtschaften, sondern schützen? So wurden aus den Waldbauern mit Gründung des Nationalparks kurzerhand Nationalparkwächter. Nach mittlerweile über 40 Jahren, nach vielen leidenschaftlich geführten Kontroversen, ist der Nationalpark etabliert.

"Bei uns darf der Baum alt werden, ein Baum darf sterben und er darf umfallen", sagt die Waldführerin. Wir sind auf einer Lichtung, wo einige tote Baumstämme scheinbar klagend in die Höhe ragen. Das Motto "Natur Natur sein lassen" ist die oberste Prämisse im Nationalpark. Totholz gilt hier erstmal als ein einzigartiger Lebensraum, etwa für Pilze und Insekten.

Umgestürzter Baum (Foto: DW/Andreas Kirchhoff)
Der Wald bleibt unangetastetBild: DW

Der Bär bleibt in der Höhle

Elch im Tiergehege (Foto: DW/Andreas Kirchhoff )
Auch Elche waren hier früher heimischBild: DW

Die Wege im Nationalpark darf man während des Winterhalbjahres nicht verlassen. Die Tiere bedürfen in der kalten Jahreszeit besonderen Schutzes. Die Wölfe lassen sich aber trotzdem sehen und auch gigantische Elche, die an den Fichten knabbern. Beide Arten waren im Bayerischen Wald mal heimisch, sind aber längst nicht mehr in freier Wildbahn anzutreffen. Die resolute Rentnerin ist am Ende durchgefroren, aber begeistert. Auch wenn sich die Bären nicht gezeigt haben. Ihren Winterschlaf in den selbst gebauten Höhlen wollten sie für die Besucher dann doch nicht unterbrechen.