Die Zeche Zollverein ist eine Ikone der Industriekultur
4. Januar 2010Von Straßenlaternen flankiert läuft eine breite Auffahrt auf Zollverein zu, wie auf einen Herrschaftssitz. Über allem steht das berühmteste Bauwerk der Zeche: Das Fördergerüst aus Metall, der so genannte "Doppelbock". Dahinter ragen schlichte Ziegelstein-Gebäude im Bauhaus-Stil empor, zwischen ihnen wächst ordentlich gestutzter Rasen.
Die Geschichte der Anlage reicht mehr als 150 Jahre zurück. Der Kaufmann Franz Haniel legte den Grundstein für eine Zeche, die er "Zollverein" nannte: nach der zuvor gegründeten Freihandelszone von 14 deutschen Staaten. Anfang des 20. Jahrhunderts machten die Vereinigten Stahlwerke Zollverein zeitweise zur größten Zeche der Welt. Durch immer bessere Maschinen konnte immer mehr Kohle gefördert werden – nach dem Zweiten Weltkrieg etwa vier Millionen Tonnen pro Jahr. Wirtschaftlicher Aufschwung und Wohlstand im Ruhrgebiet waren die Folge.
Die schöne Zeche
Doch das Ende des "schwarzen Goldes" war bald absehbar. Am 23.12.1986 wurde die Zeche geschlossen. Kurz darauf wurde die Anlage unter Denkmalschutz gestellt. Bis heute kann man deshalb auf Zollverein besonders anschaulich den Weg der Kohle von der Förderung bis zur Verarbeitung nachvollziehen.
2001 hat die Unesco Zollverein zum Weltkulturerbe erklärt – aus mehreren Gründen: Zum einen sind noch nahezu alle Gebäude seit 1849 erhalten. Zum anderen sind vor allem die Gebäude aus den 30er Jahren von besonderer Schönheit, sagt Rolf Kuhlmann von der Stiftung Zollverein: "Die damaligen Eigentümer der Zechenanlage, die Vereinigten Stahlwerke und die Gelsenkirchener Bergwerksgesellschaft, die hatten den beiden Architekten den Auftrag gegeben, für Schacht 12 ein beeindruckendes Bauwerk zu planen. Deswegen sind alle Gebäude, oder nahezu alle Gebäude, 30 Prozent größer geworden, als es für den Betrieb nötig geworden wäre."
Partys und Theater statt Kohle und Stahl
Die gesamte Anlage ist außerdem strikt nach den Produktionsprozessen angelegt. So gibt es zum Beispiel eine Produktions-Achse oder eine Energie-Achse. Heute ergeben sich daraus schöne Blicke für die Besucher.
Die Zeche ist Symbol für den Strukturwandel im Ruhrgebiet: Die Gebäude wurden denkmalgerecht saniert, Künstler und Kreative zogen ein. Ausstellungen, Theaterstücke und Partys beleben mittlerweile die Hallen. Das renommierte Red-Dot-Designmuseum stellt in einem Gebäude neue Industriedesign-Produkte aus.
Als Freizeitort kaum vorstellbar
Auch als Freizeit-Ort bietet sich Zollverein an: Im Sommer kann man im Werksschwimmbad aus aneinander geschweißten Containern baden oder mit einem Riesenrad durch die alten Öfen der Kokerei fahren. Im Winter wird ein etwa hundert Meter langer Wasserkanal eingefroren und zur Eisbahn umfunktioniert.
Noch in den 90er Jahren konnten sich einige Zollverein als Freizeit- und Veranstaltungszentrum kaum vorstellen, sagt Kuhlmann: "Vor allem die Bergleute, die unter Tage gearbeitet haben, haben gesagt, das war schwere Arbeit, reißt das ganze ab, ich will das nicht mehr sehen." Nun sind einige ehemalige Bergleute als Touristenführer auf dem Gelände tätig. Das Interesse von Besuchern aus der ganzen Welt hilft schließlich dabei, das Selbstbewusstsein des ganzen Ruhrgebiets mit seiner Bergbautradition zu stärken.
Autorin: Sola Hülsewig
Redaktion: Sabine Oelze