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AU-Gipfel

30. Januar 2012

Die Wahl des neuen Kommissionspräsidenten auf dem Treffen in Addis Abeba endet mit einem Patt. Die Entscheidung darüber wird vertagt. Für die Krisen in Somalia und im Sudan findet sich keine Lösung.

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Afrikanische Staatschefs auf dem Treffen in Addis Abeba (Bild: EPA)
Afrikas Staatschefs auf dem Treffen in Addis AbebaBild: picture-alliance/dpa

Die Delegierten des jährlichen Gipfeltreffens der afrikanischen Staats- und Regierungschefs am Sitz der Afrikanischen Union in Addis Abeba sind es gewohnt, dass das offizielle Motto ihrer Zusammenkünfte in dem Wust afrikanischer Krisenherde, die es in vielen inoffiziellen Delegationsgesprächen zu verhandeln gilt, untergeht. In diesem Jahr hatte das Thema "Innerafrikanischer Handel" noch weniger Chancen als sonst, galt es doch, einen neuen Kommissionspräsidenten des 54-Länder-Verbundes zu wählen.

Nach einem monatelangen, zuletzt mit harten Bandagen geführten Wahlkampf, standen sich am Montag (30.01.2012) Amtsinhaber Jean Ping aus Gabun sowie die südafrikanische Innenministerin Nkosazana Dlamini-Zuma gegenüber. Am Ende konnte keiner der beiden Kandidaten die notwendige Zweidrittelmehrheit auf sich vereinigen, und die Wahl wurde auf den Gipfel im Juni in Malawi verschoben. Bis dahin wird Ping sein Mandat zunächst weiterführen, nachdem es zunächst hieß, sein kenianischer Stellvertreter würde die Zügel übernehmen. Eine Personalie konnte dagegen in Addis Abeba beschlossen werden: Der Präsident des westafrikanischen Benin, Thomas Boni Yayi, übernimmt die rotierende AU-Präsidentschaft.

Frankreichs Marionette?

Jean Ping war der letzte AU-Kommissionspräsident (Bild: REUTERS)
Kann Jean Ping sich an der Spitze der AU halten?Bild: Reuters

Für Jean Ping, den 69-jährigen Karrierediplomaten und ehemaligen Außenminister Gabuns, gilt das Patt vom Montag als Niederlage, und es ist eher unwahrscheinlich, dass er sich im Juni noch einmal zur Wahl stellen wird. Unter seiner Ägide hatte die AU im vergangenen Jahr die Krisen in der Elfenbeinküste, den arabischen Frühling und den für die Organisation delikaten Konflikt in Libyen moderiert.

Für diese Leistung musste sich die AU unlängst von der Menschenrechtsorganisation die Note "ungenügend" geben lassen, das Krisenmanagement der AU sei "schmählich selbstgefällig" gewesen. Der Gabuner, von Kritikern als Erfüllungsgehilfe Frankreichs gesehen, nimmt dagegen für sich in Anspruch, als erster Kommissionspräsident überhaupt "praktische Resulate" gebracht zu haben. Ob dem achtfachen Vater allerdings die Einrichtung einer pan-afrikanischen Universität zu dauerhafter Ehre reichen wird, darf bezweifelt werden.

Aus dem südafrikanischen Lager war zunächst keine Reaktion zu einem möglichen weiteren Anlauf Dlamini-Zumas zu erhalten. Der Wahlkampf zwischen dem Amtsinhaber und seiner eloquenten und politisch nicht minder erfahrenen Herausforderin war zuletzt ein Lagerwahlkampf geworden, in dem sich vornehmlich französischsprachige Länder Zentral- und Westafrikas und der anglophone Süden gegenüberstanden. Diese Spaltung droht die Einheit der Kontinentalorganisation zu belasten, und dies ausgerechnet nach dem Tod des selbsternannten afrikanischen "Königs der Könige", des libyschen Staatschefs Muamar Gaddafi. Dessen Vision der "Vereinigten Staaten von Afrika" hatte den Kontinent entzweit und die Gipfeltreffen in Addis Abeba mit hitzigen Diskussionen überschattet, weil politische und wirtschaftliche Schwergewichte wie Südafrika und Nigeria der Union ablehnend gegenüber standen.

Dauerbrenner Somalia und Sudan

Milizen der islamistischen Al-Shabaab in Somalia (Bild: AP)
Kampfbereit: Milizen der islamistischen Al-Shabaab in SomaliaBild: AP

Abseits der Personalie dominierten auch in diesem Jahr Somalia und Sudan die politischen Beratungen, zu denen auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon angereist war. Am Stammsitz der Vereinten Nationen hatte man sich zuletzt reichlich Sorgen gemacht um die eskalierende Situation in Somalia und über neuerliche Scharmützel zwischen Sudan und Südsudan. Deren Präsidenten Bashir und Kiir attestierte Ban die fehlende Bereitschaft zu friedlicher Konfliktlösung und sprach von einer "Bedrohung für den Frieden der gesamten Region".

Auch die Lage in Somalia war Gesprächsgegenstand, wo die Truppenstellung für die AU-Friedensmission AMISOM weiter nur zögerlich vorangeht. Den Delegierten der somalischen Übergangsregierung TFG dürfte Ban und andere die Leviten gelesen haben, vor der wichigen Somalia-Konferenz am 23. Februar 2012 in London endlich ihr Haus zu bestellen.

Immer ein Thema in Afrika: China

Das neue AU-Hauptquartier in Addis Abeba (dpa)
Von China spendiert: Das neue AU-HauptquartierBild: picture-alliance/dpa

Das Gipfel-Thema Handel kam allenfalls auf die Tagesordnung bei der Einweihung des neuen, 150 Millionen Euro teuren AU-Gebäudes, das den Afrikanern von der chinesischen Regierung gespendet wurde. Delegierte, die sich die Mühe machten, konnten eine knappe Autostunde vom Gipfelort entfernt im gigantischen äthiopisch-chinesischen Businesspark eine weitere Vorstellung vom Ausmaß des chinesischen Engagements in Afrika bekommen.

So ging am Montag ein weiterer Gipfel der afrikanischen Staatenlenker ohne weitreichende Beschlüsse zu Ende. Am Ende gab es vermutlich neben den Chinesen nur zwei Gipfelgewinner: die neue libysche Regierung, die sich den übrigen afrikanischen Staatschefs präsentierte, sowie Afrikas Homosexuelle. Nach jüngsten Ausfällen gegen sie - unter anderem im Gastgeberland Äthiopien - brach UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eine Lanze für Schwule und Lesben in Afrika und kritisierte deren Diskriminierung als "Bürger zweiter Klasse oder gar Verbrecher" scharf. Eine Reaktion der Staats- und Regierungschefs auf Bans Rede, etwa aus Uganda oder Nigeria, wo das Thema zuletzt kontrovers diskutuiert wurde, blieb zunächst aus.

Autor: Ludger Schadomsky
Redaktion: Katrin Ogunsade